Tag 27 - 660 Bäume

Wie ich heute morgen feststelle (lautstarke Weckrufe), ist die Weide, auf der ich übernachtet habe, nicht nur von Kühen, sondern auch von Störchen bevölkert. Beim Frühstück schaffe ich es tatsächlich, beide auf ein Bild zu kriegen.

Wer Störche beobachten will, ist um diese Jahreszeit in der Extremadura auf jeden Fall genau richtig. Das ist mir schon während der letzten Tage immer wieder aufgefallen, aber heute besonders. 

Die Felder und Weiden mit dem dahinter aufragenden Kastilischen Scheidegebirge sehen in der Morgendämmerung wunderschön aus. 

Leider hat das Wandern auf so herrlichen Wegen bald ein Ende, und es geht auf die Straße. Zuerst noch mit wenig Verkehr und eigentlich ganz angenehm.

Doch dann gelange ich auf einen dieser Hightech-Trails, auf dem ich bis zu 90 km/h wandern dürfte. 

Der heutige Tag ist reich an Beispielen dafür, wie der Camino eigentlich nicht aussehen sollte - überschwemmte Gräben, zugemüllte Randstreifen, Verkehrsinseln im Schnellstraßegewirr.

Auf 90 km/h komme ich zwar nicht, doch weil ich die Sache einfach nur hinter mich bringen will, geht es erstaunlich schnell voran. Schon um die Mittagszeit erreiche ich das Städtchen Aldeanueva del Camino am Fuß des Kastilischen Scheidegebirges. Auch hier gibt's Störche. Einer ist gerade im Landeanflug über der Kirche. 

Zehn Straßen-Kilometer später, jetzt tendenziell bergauf, erreiche ich, pünktlich mit den ersten Regentropfen, die Pilgerherberge in Banos de Montemayor. Ich überlege, was mich beim Reinlaufen in die Stadt so irritiert. Richtig! Bäume ohne Blätter! Ich hatte ganz vergessen, dass es so etwas gibt. Da rede ich gestern noch lang und breit über Korkeichen, und heute sieht die Welt schon ganz anders aus. 

Morgen geht es dann über die Berge. Wahrscheinlich bei absolutem Mistwetter. Aber das gehört auf so einer Tour eben auch dazu. Und ich kann mich wirklich nicht beklagen, denn bisher war mein Regenzeug nichts als überflüssiges Gepäck. So kommt es wenigstens mal zum Einsatz.