Tag 33 - 760 Bäume

Ich fasse das heute mal ganz salopp unter Scheißtag zusammen. Martin war schon gestern etwas erkältet und über Nacht ist er dann richtig krank geworden mit Fieber, Schüttelfrost, Gliederschmerzen und üblem Husten. Da hat Wandern oder Sightseeing natürlich wenig Sinn und macht auch keinen Spaß. Krank in der Jugendherberge liegen ist mindestens genauso blöd. Wir heulen lange rum und überlegen hin und her. Schließlich entscheiden wir schweren Herzens, dass ich allein weiterlaufe und Martin wieder nach Hause fliegt 😢 Also bringe ich ihn nach noch nicht mal 48 Stunden zurück zum Busbahnhof. Dorthin, wo ich ihn vorgestern voller Vorfreude abgeholt habe. 

Dann laufe ich raus aus Salamanca. So schnell wie möglich. Ich will einfach nur weit weg und an irgendetwas anderes denken. Doch was das Ortsschild hier so locker hinkriegt - einen Strich ziehen und die Sache abhaken, will mir nicht gelingen. Der Weg durchs Vorstadt-Autobahn-Chaos ist alles andere als geeignet, meine Stimmung zu heben. Wenigstens scheint die Sonne, aber das hilft heute auch nicht viel.

Ich folge weiter den gelben Pfeilen. Eigentlich mache ich also genau das, was ich seit einem Monat tue. Es hat sich gar nichts geändert. Trotzdem fühlt sich alles irgendwie falsch an. Die ganze Zeit denke ich, dass Martin hier bei mir sein müsste. 

Es ist nicht Heimweh, was ich habe. Dieser Weg mit den gelben Pfeilen ist zur Zeit mein Zuhause und ich bin gerne hier. Nur hatte ich mich so sehr darauf gefreut, Martin dieses Zuhause zu zeigen, ihn teilhaben zu lassen an dem, was ich erlebe, mit ihm zusammen unterwegs zu sein. Zu akzeptieren, dass das jetzt nicht geht, fällt mir schwer. 

Irgendwann ist von Salamanca nichts mehr zu sehen und ich bin wieder auf freiem Feld. Hier geht das innerliche Entspannen leichter, und ich komme ein bisschen zur Ruhe. Was ist denn schon passiert? Zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt hat Martin eine grippeartige Erkältung erwischt, nichts weiter. Wir sind ansonsten beide gesund, wir lieben einander und immerhin haben wir uns kurz gesehen. Es können wirklich schlimmere Dinge geschehen, und wir haben allen Grund dankbar zu sein. Das überlege ich mir, während ich am Wegesrand sitze und verschnaufe. So halbwegs kann ich mich von meinen Gedanken überzeugen und im Weiterlaufen geht es mir langsam besser.  

Jetzt liege ich in der Herberge, die wir für uns beide gebucht hatten, und schaue auf das leere Bett neben mir. Es fühlt sich vollkommen unwirklich an, dass Martin gestern Abend noch da war. Dämlicher Smalltalk mit irgendwem, wäre echt gut zur Ablenkung, doch leider sind keine anderen Pilger da. Umso dankbarer bin ich, dass ich mich hier im Blog ausnahmsweise mal ein bisschen ausheulen konnte. Danke! Morgen wird's wieder fröhlicher. Versprochen!