Tag 48 - 1184 Bäume

Der Weg raus aus Burgos ist deutlich angenehmer als rein. Zusammen mit einer Menge Spaziergängern laufe ich am Ufer des Rio Arlanzon entlang. Dabei geht mir durch den Kopf, wie gut ich es habe: Ich kann den ganzen Tag lang Spazierengehen. Und zwar jeden Tag. Solange bis ganz oben am Nordkap das Land steil ins Meer abfällt und es nicht mehr weitergeht.

Ihr seht, das ist jetzt nicht mehr das andalusische Bilderbuch-Spanien. Bedeckter Himmel, kahle Bäume und am Boden altes Laub. Eigentlich sieht es hier schon beinahe wieder aus, wie bei uns. 

Nachdem ich das Flussufer hinter mir gelassen habe, führt der Camino am Flughafen entlang. Und wie um sich über mich lustig zu machen, startet gerade ein Flieger. Danke, jetzt fühle ich mich erst richtig langsam!

Doch eigentlich bin ich ganz einverstanden mit meiner Situation und laufe einfach weiter Schritt für Schritt. Im Moment scheint mir meine Freiheit auch unter den Wolken grenzenlos. Also warum ausprobieren, wie es darüber wäre? 

Immerhin, auf 1082 m bringe ich es sogar ohne Flugzeug und kann von der Hochebene Matagrande aus bis zurück auf das im Dunst verschwindende Burgos schauen. 

Es folgt ein felsiger Abstieg hinunter in das Dorf Atapuerca, und Burgos ist endgültig verschwunden. Ich hatte von Atapuerca bisher noch nie etwas gehört. Doch seit heute weiß ich, dass es zu den wichtigsten archäologischen Ausgrabungsstätten der Welt gehört. Hier wurden die ältesten menschlichen Knochen auf dem gesamten europäischen Kontinent gefunden. Der Homo antecessor lebte vor rund 800.000 Jahren und war womöglich der erste Mensch auf europäischem Boden. Vielleicht stammen wir also alle ein bisschen aus Atapuerca. 

Heute leben hier, so hat man zumindest den Eindruck, mehr Kühe als Menschen. 

Zum Glück haben sie nichts dagegen, ihre malerische Weide für eine kurze Verschnaufpause mit mir zu teilen. 

Jenseits der Weide beginnt ganz überraschend Kiefernwald. Ein Kiefernwald, der beinah aussieht wie zu Hause. 

Und so endet der Tag schließlich an einem Schlafplatz, der so oder so ähnlich auch im Berliner Umland zu finden sein könnte.