Tag 86 - 2166 Bäume

Gleich heute morgen gibt es eine kleine Überraschung. Mein Schlafplatz lag, ohne dass ich davon wußte, keine 2 km von einem dieser schönsten Dörfer Frankreichs entfernt. Jede andere Unterkunft außer Wald wäre hier wahrscheinlich richtig teuer gewesen. 

Naja, so beau ist Apremont-sur-Allier nun auch wieder nicht. Um ehrlich zu sein, das beste sind die Hühner. Ich setze mich auf eine Bank zum Frühstücken, da kommt plötzlich eins vorbeispaziert und signalisiert reges Interesse an Kekskrümeln. Ich teile natürlich gern. Doch was gut ist, spricht sich rum und schon bald isst noch ein zweites Huhn mit.

Als ich wieder aufbreche, laufen sie mir sogar ein Stück nach. Bleiben dann aber zum Glück stehen. Das wär's noch, quer durch Europa bis ans Nordkap und das mit zwei Hühnern. 

Den ganzen Vormittag folge ich einem Gewirr von Kanälen zwischen den Flüssen Loire und Allier. Streckenweise sieht es hier mehr aus wie in Holland als wie in Frankreich.  

Einer dieser Kanäle wird auf einer abenteuerlichen Brückenkonstruktion über die Allier geführt. Auch für Menschen ist diese Brücke zugelassen, und selbstverständlich ebenso für Schafe. 

Für Bernoscha ist die Überquerung der Allier eigentlich schon eine Tagesetappe. Doch das erste, einzige und kleinste Schaf werden zu wollen, das Europa aus eigener Kraft durchquert hat, ist eben kein Zuckerschlecken. Und so wächst Bernoscha jeden Tag aus neue über sich hinaus. 

Eine Weile noch geht es durch Wald und Feld, und dann taucht sie plötzlich zwischen den Bäumen auf...

...die Loire, wieder so ein Etappenziel! 

Am Stadtrand von Nevers findet sich mitten in einem Müllhaufen ein Auto für Bernoscha. Vor ein paar Monaten hätte er vielleicht noch ja gesagt, doch die letzten Wochen haben ihn überzeugt: Um vorwärtszukommen braucht er nichts weiter als seine Beine, wie kurz sie auch sein mögen! Und wenn schon die Menschen ihre Autos nicht stehenlassen können, so sollten doch wenigstens die Schafe vernünftig bleiben. 

Ich zelte auf dem Campingplatz von Nevers mit herrlichem Blick über die Loire hinweg auf die Altstadt. 

Nevers. Da bin ich nun also - im wahrsten Sinne des Wortes mitten in Frankreich, und ein Drittel der Strecke bis zum Nordkap liegt seit heute hinter mir.