Tag 116 - 2854 Bäume

Das erste Stück geht's nervig dicht an der Autobahn entlang bzw. drüberweg. Ich schaue eine Weile von der Brücke hinunter auf die vorbeirasenden Autos und bin froh, dass ich es nicht so eilig habe. Für 130 km brauchen die eine Stunde, ich 5 Tage. Trotzdem habe ich nicht das Gefühl durch mein Langsamsein irgendetwas zu verpassen. Im Gegenteil, ich erlebe ja alles viel intensiver. 

"Benzin" brauche ich trotzdem ab und zu. Deshalb habe ich gestern bei den Osterartikeln zum halben Preis ordentlich zugelangt, denn ob die Schokolade, mit der ich meinen Motor am Laufen halte, nun Ei-, Hasen-, Tafel- oder Riegelform hat, ist eigentlich egal. 

Die Eifel verschwindet so langsam hinter mir im Dunst. 

Die Rheinebene ist flach und es läuft sich rasch. 

Ich folge einem hübschen Wander- und Radweg am Flüsschen Nette entlang, das gegenüber von Neuwied in den Rhein mündet. 

Heute am Feiertag sind reichlich Spaziergänger unterwegs, und ich treffe sogar einen anderen Wanderer. Immer wieder werde ich angesprochen, erzähle von meiner Tour und verteile ein paar Flyer, auf das die Baum-Spenden-Allee wachse und gedeihe. Aber natürlich auch, weil ich mich über jede und jeden freue, der oder die diesen Blog verfolgt! 

Dabei kommt mir eine Idee, ich lege in jede Schutzhütte am Weg einen Flyer. Denn hier kommen doch all die begeisterten Wanderer und Spaziergänger vorbei, die sich für meine Wanderung interessieren könnten. Die Zeit vergeht durch die vielen guten Gespräche ziemlich rasch und plötzlich stehe ich am Rhein gegenüber der Stadt Neuwied. 

Das ist mal wieder so ein vollkommen unwirklicher Moment, in dem ich kaum glauben kann, dass ich wirklich bin, wo ich bin. Aus lauter Freude und Dankbarkeit kommen mir, wie so oft in solchen Augenblicken, die Tränen. Vor knapp vier Monaten am Strand von Tarifa erschien mir der Rhein unerreichbar weit weg, meine Schritte im Sand waren so wahnsinnig kurz und ich so unendlich klein. Jetzt hier zu stehen, ist ein überwältigendes Gefühl!

Über die sogenannte Raiffeisenbrücke geht es hinüber nach Neuwied. 

Dann wird's erstmal anstrengend, denn Neuwied ist recht städtisch und ich brauche ziemlich lange, bis ich endlich - hart erkämpft bergauf - am nördlichen Stadtrand stehe und ins Rheintal hinabschaue. 

Jetzt geht's rauf in den Westerwald.

Nach einigen Kilometern erreiche ich eine Holzpalisade. Hier verlief der Limes, was man heute noch an Gräben und Wällen im Wald erkennen kann. Die Holzpalisade ist rekonstruiert, aber so oder so ähnlich muss der Zaun zwischen den Wachtürmen ausgesehen haben. 

Wer es genauer wissen will, bitte sehr:

Für Bernoscha ist der Limes übrigens keineswegs ein ernstzunehmendes Hindernis. Er kann einfach so hindurchgehen. Tja, mit kleinen Schafen, die zum Nordkap wandern, hatten die Römer wohl nicht gerechnet. 

Heute nach fast vier Monaten also meine erste Nacht in römerfreier Zone! Hat ganz schön gedauert, dieses riesige Einflussgebiet zu durchqueren. Doch jetzt ist Schluss mit römischen Überresten und ich lasse euch mit meinem Gerede über alte Steine in Ruhe 😉

Morgen geht's weiter durch den Westerwald. Am Montag will ich in Winterberg sein. Das ist dann schon im Sauerland.