Tag 205 - 5009 Bäume

Nachts bekomme ich Besuch. Es trampelt, schnauft und scharrt, und als ich aus dem Zelt schaue, steht ringsherum eine ganze Herde Rentiere. 

Doch morgens ist nichts mehr von ihnen zu sehen. 

Ich packe zusammen und mache mich an den Abstieg. 

Weiter unten ist in einem schattigen Rastunterstand erstmal Frühstück angesagt. Ich finde es immer wieder lustig, wo überall die Schweden ihre Fahne hissen. 

Es geht durch Birken- und Fichtenwald, den ganzen lieben langen Tag.

Aber etwas passiert dann doch heute auf dieser Schotterpiste im nördlichen Jämtland: Ich knacke die 5000 Kilometer! 

Bernoscha natürlich ebenfalls! 🐑

Es ist ein warmer Tag, und ich muss viel trinken. Ab und zu kommt mal ein See oder Fluss vorbei, doch nicht allzu oft.

Viele auf der Karte noch verzeichnete kleine Bäche sind einfach ausgetrocknet und auch die größeren führen nur wenig Wasser. Ich erinnere mich, wie leicht es vor drei Jahren auf dem Weg von Berlin zum Nordkap noch war, hier Trinkwasser zu finden. Jetzt muss ich mich richtig anstrengen und manchmal mit einem nur noch ganz schmalen Rinnsal Vorlieb nehmen. 

Ich zelte am Bakvattsån, den man normalerweise nicht trockenen Fußes überqueren kann. Im Moment geht das von Stein zu Stein gehüpft problemlos. 

Während ich hier im Zelt liege und schreibe, höre ich das Wasser rauschen und gluckern. 5000 Kilometer und sieben Monate Europa liegen hinter mir. Manchmal fragen mich Leute, ob ich mich angesichts so langer Auszeiten nicht um meine Rente sorge. Nein, das tue ich nicht, denn ich bin mir sicher, in absehbarer Zukunft wird sich niemand mehr darum kümmern, Menschen ihre Renten auszuzahlen. Wir werden in einer instabilen Welt leben, in der sich alles um überlebenswichtige Ressourcen wie Wasser, fruchtbaren Boden, atembare Luft und bewohnbares Land dreht. Darum sorge ich mich! Und ich finde, wir alle sollten unser Moglichstes tun, um das Schlimmste zu verhindern!