Tag 207 - 5060 Bäume

Morgens ist es etwas trüb, und wenn es gar nicht so recht hell werden will im Zelt, dann schlafen Bernoscha und ich gern etwas länger 😄

Irgendwann heißt es aber doch, raus aus den Federn und rein in den Wind, um endlich den Krempel zusammenzupacken. 

Gleich nach dem Aufbruch stoße ich auf etwas Interessantes: Die Verteidigungsanlage Klintaberg aus dem Zweiten Weltkrieg. Ich hatte noch nie davon gehört und hatte keine Ahnung, dass sich in den Felsen am Ufer dieses See, über dem gestern so herrlich die Sonne untergegangen ist, Überreste von Schutzräumen und Waffenlagern verbergen. Die Anlage, die heute besichtigt werden kann, wurde errichtet, weil man ein Eindringen der Deutschen aus dem besetzten Norwegen befürchtete. Mal wieder geht mir durch den Kopf, was für ein Geschenk es ist, dass in Europa Frieden herrscht und dass ich hier sein darf - einfach nur, um einen Sonnenuntergang zu genießen. 

Der Himmel reißt bald auf, und es wird doch noch ein warmer Tag. 

Am nördlichen Ende des Sees kurz vor dem Dorf Valsjöbyn treffe ich einen Radler. Franz kommt aus Wien, und nach den ersten paar Minuten unserer Unterhaltung stellen wir fest, dass er mein Buch "Kein Schritt umsonst" gelesen hat, in dem ich von meiner Berlin-Nordkap-Tour erzähle. Was für ein unglaublicher Zufall, dass wir uns hier über den Weg laufen! Gut, dass ich heute länger geschlafen habe, sonst wäre ich jetzt schon auf einem Fußpfad oben im Fjäll, und wir hätten uns verfehlt. 

Wir setzen uns an den Straßenrand und machen gemeinsam Mittagspause. Es tut gut, mal nicht allein zu essen! Franz gibt mir großzügig von seinem Proviant ab. Er ist ja etwas schneller am nächsten Supermarkt als ich. Wir haben richtig gute Gespräche, und aus einem kurzen Anhalten und "Hallo" sagen werden zwei Stunden. Vielen Dank, lieber Franz, ich freue mich sehr, dass wir uns begegnet sind! 

Nachmittags laufe ich rauf in die Berge. Zuerst auf einer Schotterpiste noch an ein paar Häusern vorbei... 

...und dann auf einem einsamen Pfad hinauf aufs Hotagsfjäll. Ich bin diesen Weg auf meiner Berlin-Nordkap-Tour bereits gegangen und habe mich schon damals schwer getan, den Pfad zu finden. Offenbar kann man sich auch zweimal blöd anstellen. Jedenfalls stehe ich nach einigem Herumirren im Gestrüpp wieder vor genau der gleichen verlassenen Hütte wie vor drei Jahren. Ich kann mich an diese etwas unheimlich-perfekte Krimi-Kulisse noch genau erinnern. 

Zum Glück erinnere ich mich auch, wie ich es damals von hier rauf aufs Fjäll geschafft habe, und etwas später entdecke ich weiter oben endlich meinen Pfad. 

Es geht etwas unwegsam durch Sumpf und Matsch, und manchmal ist der Weg kaum zu erkennen, so dass ich immer wieder anhalten muss, um mich neu zu orientieren.

Doch die Mühe lohnt sich mal wieder. Wahrscheinlich könnt ihr diesen Satz schon nicht mehr hören, weil ich ihn so oft schreibe, doch vielleicht ist gerade das, das Schöne beim Wandern, dass sich einfach jeder Schritt lohnt! 

Das Hotagsfjäll ist eine besondere Herausforderung. Es gibt keine Hütten, keine markierten Wege, und man begegnet auch zur Hochsaison mit ziemlicher Sicherheit ausschließlich Rentieren. Mit anderen Worten, es gibt hier kein Backup. Ich bin sozusagen allein mit meinem Schatten 😀

Zeltplätze gibt's dafür reichlich. Ich habe völlig freie Wahl und kann einfach bleiben, wo es schön ist. Hier zum Beispiel: