Tag 222 - 5443 Bäume

Da kündige ich gestern noch einen Ausflug ins Schotterpisten-Outback an, und heute morgen kommt alles ganz anders. Der Besitzer vom Campingplatz rät mir, lieber die E45 zu laufen, weil die kleinen Wege hier oft blind enden und man dann irgendwo im nirgendwo plötzlich nicht mehr weiterkommt. Wenn ich eins gelernt habe in den 7,5 Monaten, die ich jetzt unterwegs bin, dann dass es sich lohnt, auf die ortskundigen Einheimischen zu hören. Doch bevor es richtig losgeht, halte ich nochmal vorm Supermarkt, um meinen Rucksack neu einzukleiden. 

Das Licht wird langsam herbstlich düster, und gerade bei schlechtem Wetter muss man auf den großen Straßen zusehen, dass man halbwegs sichtbar ist. Aber ich denke mit diesem Leuchtmonster auf dem Rücken bin ich kaum zu übersehen.

Die E45 hat so Einiges zu bieten: Wald natürlich, Sümpfe und Seen (wer hätte das gedacht?) und (ebenfalls nichts Neues) minütlich wechselnde Wolkenfarben. 

Manchmal regnet es so stark, dass ich überlege, ob eine Schwimmweste nicht sinnvoller gewesen wäre als eine Signalweste. Dann wieder ist es plötzlich so warm, dass ich im T-Shirt laufe.

Ich mache die eine oder andere Pause zusammen mit Leuchtmonster und reduziere das Gewicht auf meinem Rücken um immerhin 200g Sonnenblumenkerne. Die Dinger sind zwar etwas umständlich zu essen, aber ansonsten echt guter Treibstoff beim Wandern. Man wird ordentlich satt davon, und schon eine Hand voll erlaubt ein paar Kilometer ohne knurrenden Magen. 

Mit Sicherheit werde ich heute Nacht von diesen Strichen träumen. Sagen wir mal, die haben etwa vier Meter Abstand voneinander, das macht dann 25 auf 100 Metern und 250 auf einem Kilometer. Bis zum Polarkreis wären es demnach noch 190x250 Striche. Ich habe also so Einiges vor in den nächsten sieben Tagen 😄

Mein Schlafplatz im Wald nahe der Straße. Naja, das ist heute so ein etwas verunglücktes Not-Biwak, denke ich zuerst. Doch dann höre ich vom benachbarten Sumpf her die abziehenden Kraniche rufen. Zwar auch ein Zeichen, dass es Herbst wird, aber ein wunderschönes! Nein, dieser Zeltplatz ist keine Notlösung, genau hier will ich sein. Und ich bin mir sicher, es gibt an der E45 noch viel  mehr Schönes zu entdecken, nicht bloß weiße Striche.