Tag 12: Jetzt ein Gummischnuller

Als ich das Zelt öffne, sieht die Welt da draußen immer noch exakt genauso aus wie gestern Abend beim Zuziehen des Reißverschlusses.

Und auch im Verlauf ändert sich die Lage nicht wesentlich. Im Grunde genommen könnte es den ganzen Tag über ebenso gut noch gestern Abend sein. Mit anderen Worten: Die Sonne kommt auch heute nicht durch und die Luft ist voller Flüssigkeit - manchmal als Nebeldunst, manchmal als Regen.

Der Skåneleden begrüßt mich nass...

...so nass, dass sogar schon Bäume aus den Seen wachsen...

...und man vor lauter spiegelnden Wasseroberflächen gar nicht mehr weiß, wo oben und unten ist.

Manchmal wirkt die Welt fast herbstlich, dann wieder schießt irgendwo der Frühling aus dem Boden.

Die Provinz Skåne ist unverkennbar ländlich geprägt.

Okay, kleiner Scherz. Aber Skåne ist tatsächlich die Provinz in Schweden mit dem höchsten Anteil an Landwirtschaft. Die meiste Nahrung, die in Schweden selbst wächst, stammt von hier. Klima und Landschaft ähneln eher Norddeutschland oder Dänemark. Das übrige Schweden dagegen ist deutlich rauer, so dass Ackerbau höchstens in kleinem Stil möglich ist. Umso mehr reiht sich im flachen Skåne oft ein Feld an das nächste.

Solche Bilder werdet ihr in den nächsten Tagen wahrscheinlich häufiger zu sehen kriegen, hoffentlich jedoch mit mehr Sonne. Und keine Sorge, damit es nicht zu eintönig wird, werde ich zwischendurch auch mal an der Ostsee entlang laufen. Doch im Augenblick ist das Meer noch ein paar Tage entfernt und das Wasser kommt vor allem von oben...

...so dass ich dankbar bin für jede Unterstellmöglichkeit, muss auch gar nicht schön sein.

Doch weiter geht's, bevor tatsächlich noch ein Bus kommt und mich mitnehmen will. Die Versuchung wäre groß, aber ich möchte eigentlich nicht schummeln, sondern wirklich die komplette Route zu Fuß zurücklegen.

Was aber macht man jetzt mit so einem verregneten Nachmittag? Na klar, shoppen im Supermarkt von Arkelstorp.

In eher beschaulichen Orten wie hier lasse ich den Rucksack auch gern mal vor der Tür stehen. Bernoscha passt dann auf wie ein Schießschaf und versichert mir jedesmal, dass er im Falle versuchten Diebstahls sofort zum Überraschungsangriff übergehen würde. Wahrscheinlich fragt ihr euch jetzt, was genau Bernoscha eigentlich tun könnte. Leider weiß ich es nicht, denn Bernoscha bewahrt auch mir gegenüber eisernes Stillschweigen mit dem zugegebenermaßen schlagenden Argument, dass es ja sonst kein Überraschungsangriff mehr wäre.

Ich vertraue also einfach auf Bernoschas Wehrhaftigkeit und stürze mich ganz unbeschwert ins Einkaufsvergnügen. Vor allem suche ich nach irgendwas, das mir durch diesen Regentag hilft, und tatsächlich werde ich fündig. 

Wahrscheinlich geht es nicht nur mir so, dass diese Gummibärchentüten zum selbst zusammenstellen bestens geeignet sind, um glückliche Kindheitserinnerungen an Kino, Schwimmbad oder Urlaub wachzurufen. Und als wäre mein Glück damit noch nicht komplett, finde ich ein paar Kilometer weiter auch noch einen Rastunterstand, wo ich eine trockene Nacht verbringen kann. Er ist zwar etwas absurd geformt und sieht ein bisschen aus wie ein dicker Fisch, der mich auffressen will, aber egal.

Am Ende des Tages sitze ich im Maul eines dicken Fisches und habe einen Gummischnuller im Mund. Könnte schlimmer kommen.