Tag 19: Es war einmal ein Junge...

Gleich morgens nach einem Frühstück, das nur noch aus ein paar zerkrümelten Salzstangen besteht, komme ich durch Skurup. Der Ort ist ungefähr so groß wie Olofström und hat eine tote Fußgänger sowie zwei Tankstellen zu bieten, letztere immerhin im Sonnenschein. Nützen tun sie mir trotzdem nichts. Ich brauche zum Auftanken einen Supermarkt.

Am Ortsausgang werde ich fündig und erwerbe eine kleine Auswahl an gesunder und ungesunder neuer Energie zum Sofortverzehr.

Mit vollem Tank verlasse ich Skurup, wenn auch nicht mit Tempo 70. Trotz Snickers, Cola und Co schaffe ich nur 4-5. Mein Vorteil: Ich bin langsam genug, um mich an den Osterglocken am Wegesrand zu freuen.

Nächster Halt Västra Vemmenhög. Wo soll das denn sein und warum zum Teufel halten wir da an, werdet ihr vielleicht fragen wollen. Nun, weil hier Nils Holgerssons Reise beginnt.

Västra Vemmenhög ist ein unscheinbares Straßendorf mit einer hübschen Kirche, wahrscheinlich die, in die Nils seine Eltern nicht begleiten will und deshalb den Kobold trifft.

Ansonsten würde ich sagen, der Ort könnte mehr daraus machen, die Heimat von Nils Holgersson zu sein. Immerhin gibt es eine nach Nils benannte Straße und ein ziemlich beschissenes Selma-Lagerlöf-Denkmal. Das hat man nun davon, wenn man aus Gänsen Weltliteratur macht. Die Gute hätte es wirklich verdient, dass ihr mal wieder jemand den Vogelkot aus dem Gesicht wischt. Unten auf dem Sockel lest ihr den Beginn des Romans: Es war einmal ein Junge...

Außerdem stoße ich noch auf zwei etwas verwitterte Installation von Nils und den Gänsen.

Bernoscha nutzt die Gelegenheit, um über neue Mobilitätskonzepte nachzudenken.

Doch eigentlich möchte er ja Schweden zu Huf durchqueren. Zwischendurch fliegen wäre geschummelt. Also weiter geht's... 

...durch einen wettermäßig gemischten, auf jeden Fall aber stürmischen Tag. Etwas mehr Wald als Windschutz wäre schön gewesen. Alternativ stehen in den Dörfern ein paar hübsche offene Kirchen zur Verfügung.

Zum Abend hin klart es endlich so weit auf, dass ich einen Schatten ins Kartoffelfeld neben mir werfe.

Wem das hier übrigens alles zu langweilig flache Landschaft mit zu vielen Äckern ist, keine Sorge: So sieht Schweden nur im außersten Süden aus. In ein paar Wochen bin ich da, wo nur noch die IKEA-Möbel wachsen, dann werdet ihr noch reichlich felsigen Fichten-, Kiefern- und Birkenwald mit roten Holzhäuschen zu sehen kriegen. Versprochen! 

Ich übernachte heute in einem Wäldchen neben einer alten Kalkgrube mit noch erhaltenen historischen Abbauanlagen. Im Abendlicht sehr fotogen! Fotogen ist auch mein Schlafplatz, zwar wieder ein Windschutz, aber ein ganz besonderer: eiförmig in einen Baum eingebaut. 

Und es gibt sogar ein Fenster mit Blick auf die Kalkgrube. 

Draußen im Baum lasse ich in den letzten Strahlen der Abendsonne mein Zelt ein bisschen trocknen. Klappt zwar nicht perfekt, aber jeder Tropfen, den ich morgen nicht mit mir durch die Gegend tragen muss, ist ein guter Tropfen.

Osterglocken, Kirchenatmosphäre und dann auch noch eiförmig übernachten. Ostern kann kommen!