Tag 21: Drei Wochen unterwegs

Als ich beim Aufwachen feststellen muss, dass schon wieder alles verschneit ist, habe ich echt mal nen kleinen Hänger. Passiert nicht oft, aber passiert.

Es ist wirklich saukalt und auch Bernoscha will am liebsten gar nicht raus aus seinem Schlafsack. Nein, das ist KEIN Handschuh! Und Achtung: Bernoscha reagiert auf diese Verwechslung immer etwas ungehalten.

Zum Glück leuchtet schon bald die Morgensonne zwischen den Baumstämmen hindurch, was den Aufbruch deutlich erleichtert.

Wenn die Sonne scheint, dann sieht die Welt auch im Winter wirklich schön aus. Eigentlich weiß ich das, muss aber manchmal erst wieder daran erinnert werden.

Der Himmel ist strahlend blau, die Luft eisig kalt und obwohl ich noch recht nah an Trelleborg bin, wirkt so früh alles noch sehr still. 

Meine Schritte und das knirschende Eis, wenn ich in eine Pfütze trete, weiter ist nichts zu hören.

Nach einigen Kilometern aber ist langsam doch mehr los und ich merke, dass ich mich einer Großstadt nähere. Morgen erreiche ich Malmö. Heute immerhin schon den Landkreis.

Ein Stück geht der Weg an der Autobahn entlang, aber egal, bei so traumhaften Wetter ist auch das nicht schlimm.

Und außerdem wird es schon bald wieder ländlich-idyllisch mit grunzenden Begegnungen am Wegesrand.

Unvermittelt taucht ein Wegweiser auf. Die Riksröset oder auch Treriksrõset genannt, markiert den nördlichsten Punkt Schwedens im Dreiländereck mit Norwegen und Finnland. Bis dahin ist es von hier also weiter als nach London oder Paris und sogar weiter als nach Moskau. Hm, da hab ich ja bis Mitte Oktober noch einiges vor. Aber immer mit der Ruhe und Schritt für Schritt.

Heute bin ich erstmal drei Wochen unterwegs, auch schon mal ein Grund zum Feiern...

...und zwar mit einem Eis im Sonnenschein. Ja tatsächlich ist aus dem winterlichen Morgen widererwarten ein vergleichsweise warmer Tag geworden, so dass ich zum ersten Mal auf dieser Tour Lust auf Eis bekomme.

Nachmittags treffe ich wieder auf den Skåneleden, der mich durch eine ostseenahe Landschaft führt, die so flach und grenzenlos ist, dass es fast ebenso gut das Wattenmeer sein könnte.

Und dann taucht in der Ferne die Öresundbrücke auf, die Malmö mit Kopenhagen verbindet und an einem so klaren Tag wie heute weithin sichtbar ist.

Ich finde einen Schlafplatz mit ziemlich grandiosem Brückenblick. Jackpot, würde ich sagen! Im Hotel jedenfalls würde so ein Ausblick einiges kosten.

Auch Bernoscha ist wieder versöhnt mit der Welt und blickt gedankenverloren in den Sonnenuntergang nach Kopenhagen hinüber.

Ich beobachte die Schwäne und ein bisschen besorgt auch die Wolken, die sich da etwas katastrohenfilmartig von Dänemark nach Schweden hinüber schieben.

Aber egal heute ist heute und Regen ist morgen. Es wird dunkel und Kopenhagen und die Brücke beginnen zu leuchten.

Falls ich morgen früh, wenn ich in strömendem Regen meinen Kram zusammenpacke, wieder einen Hänger haben sollte, werde ich einfach an diesen Ausblick denken.