Tag 31: "Macht nichts, wir sind Dänen."

Heute morgen ist der Himmel mal wieder ein wenig bedeckt. Doch passt das ganz gut zu dem verwunschen wirkenden Wald, durch den ich anfangs laufe.

Angelangt auf einer Hügelkuppe namens Knösen (oder auch Berg, wenn man bei 153 Metern schon soweit gehen will) öffnet sich die Landschaft. Tatsächlich kann ich nach Süden hin nochmal bis zum Kullerberg gucken. Der will mich einfach nicht loslassen.

Auf der anderen Seite vom Knösen beginnt der ländliche Teil der Etappe, überwiegend über Weideland.

Heute Vormittag pfeift ein ganz schöner Wind und es ist so empfindlich kalt, dass selbst die Pferde Mäntel tragen.

Wer genug Fell hat, ist fein raus und braucht so was nicht.

Ihr seht, es gibt wieder reichlich Begegnungen am Wegesrand. Doch tatsächlich sind heute auch mal Menschen dabei. Der Frühling liegt trotz trübem Himmel irgendwie in der Luft und auch auf dem zunehmend grün werdenden Waldboden. Nur für Blätter an den Bäumen reicht es noch nicht.

Aber es reicht für viele Feiertagsspaziergänger. So treffe ich auch mal Leute und kann ein bisschen Schwedisch üben, denn mit großem Rucksack auf dem Rücken kommt man leicht ins Gespräch. Spätestens im zweiten oder dritten Satz fehlt mir in der Regel irgendein Wort und dann sage ich sowas wie: "Es tut mir leid, aber ich spreche nur wenig Schwedisch." Die Antwort ist zumindest heute meistens: "Macht nichts, wir sind Dänen." Tatsächlich sind sich Dänisch und Schwedisch insbesondere in dieser Gegend so ähnlich, dass ich es nicht immer sofort unterscheiden kann. Dänen und Schweden verstehen sich untereinander problemlos, ähnlich wie Deutsche mit Österreichern. Es macht also tatsächlich nichts, wenn ich mit Dänen Schwedisch spreche und heute bleibt mir auch gar nichts anderes übrig. Keine Ahnung, wo die Schweden alle abgeblieben sind. Vielleicht wandern die über Ostern traditionell in Dänemark. Nachmittags komme ich an einem Lagerfeuer vorbei und kriege einen Hotdog und eine Dose Carlsberg in die Hand gedrückt. Natürlich auch Dänen. Logisch, bei dem Speiseplan.

Frisch gestärkt geht's weiter am Meer entlang und durch die Dünen.

Am Weg wehen zum Glück hier und da untrügliche Zeichen dafür, dass ich nicht versehentlich in Dänemark gelandet bin.

Im Hafen von Båstad ist ganz schön was los.

Naja, zumindest haben ein paar Buden geöffnet, und nichts, auch nicht der graue Himmel, kann mich davon abhalten, mich weiter durch die skandinavische Eiskarte zu essen. Gestern Lakritz-, heute Softeis.

Allerdings habe ich die Waffel nicht ganz für mich allein. Ich teile mit einer fotogenem Dohle, die als Gegenleistung sehr bereitwillig für meinen Blog modelt. Das Resultat seht ihr hier:

Aus Båstad raus gehts weiter am Strand entlang.

Und noch weiter...

Der viele Sand unter den Füßen schlaucht ganz schön. Also mache ich zwischendurch Pause, um einfach nur aufs Wasser zu gucken.

Kurz hinter Båstad verlasse ich den Skåneleden, auf dem ich seit drei Wochen unterwegs bin. Zeit für ein Abschiedsfoto!

Zugleich verlasse ich auch Skåne und erreiche Halland, die nächste Provinz auf meinem Weg, die sich bis kurz vor Göteborg erstreckt.

Im Abendlicht laufe ich noch meine ersten Kilometer auf neuem Terrain, dann finde ich einen Schlafplatz am Fluss Lagan.

Das Ufer ist zum Zelten zwar ein bisschen zu uneben, doch ich finde ein Fleckchen mit Blick auf das gemächlich vorbeifließende Wasser, wo ich gut liegen. Dann eben heute mal ohne Zelt, nur so auf der Matte. Der Himmel ist gegen Abend aufgerissen und die Nacht soll klar werden. Regen habe ich also nicht zu befürchten. Das Leben kann so einfach sein, wenn die Sonne scheint. Und sogar dann, wenn sie gerade untergeht, vorausgesetzt man weiß, dass sie am nächsten Morgen wiederkommt. 

Heute war ein echt langer Tag, meine bisher weiteste Etappe: 33 km. Keine Ahnung, ob das viel ist. Wenn ich andere Wanderer treffe, erzählen die mir oft, dass sie an einem Tag problemlos mehr schaffen. Mag sein, aber dafür bin ich zu verträumt. Ich bleibe oft stehen und mache Fotos oder setze mich irgendwo hin und gucke in die Gegend. Ich will gar nicht so schnell sein und ich will auch gar nichts schaffen. Oder, um es mit den Worten von Astrid Lindgren zu sagen: "Und dann braucht man ja auch noch Zeit um einfach nur dazusitzen und vor sich hinzuschauen." Und genau das tue ich gerade mit dem Sternenhimmel über mir.