Tag 38: Der Rest ist mir egal

Ich wache auf, weil helles Licht ins Zelt scheint und die Vögel singen.

Als ich den Reißverschluss aufziehe, schimmert die Morgensonne zwischen den Stämmen hindurch. Eine wirklich schöne Überraschung, denn angesagt war trüber Himmel mit Regen ab Mittag. Kann ja sein, dass das noch kommt, doch für den Augenblick ist das Wetter perfekt, der Rest ist mir egal.

Zwar zieht es sich unterwegs rasch zu, regnet jedoch nicht. Ich beschließe zum zweiten Mal, dass mir der Rest egal ist, laufe einfach weiter und versuche, mich ganz und gar auf den Moment zu konzentrieren. Manchmal macht der Wald einem einzelnen roten Holzhäuschen Platz...

...manchmal einer Weide, was mir erneuten Huftierkontakt ermöglicht. Diesmal jedoch deutlich harmloser. Die eine Kollegin nähert sich vorsichtig und tendenziell neugierig. Gegen ein Foto scheint sie nichts zu haben. Die übrige Herde, siehe Hintergrund, bleibt träge kauend und desinteressiert im Gras liegen. Ich glaube, auch denen ist der Rest egal.

Immer dann, wenn sich die Landschaft etwas öffnet, kann ich sehen, wie bergig es hier ist. 

Kein Wunder, dass mich das Auf und Ab im Wald manchmal ganz schön ins Schwitzen bringt.

Zudem ist es an vielen Stellen sehr felsig, dann wieder sumpfig und ab und an liegen umgefallene Bäume im Weg. Zwar erleichtert all das mir nicht gerade das Vorwärtskommen, gibt mir jedoch die Chance noch ein paar Fotos zum Thema "Heiliges Chaos" zu machen.

Bei der Gelegenheit noch eine Ergänzung zu gestern: Vor lauter Philosophiererei hatte ich ganz vergessen, dass ich eigentlich auch noch etwas Geographie betreiben und euch meine Karte nochmal zeigen wollte.

Die Nummer 7 sind die Buchenwälder von Åkulla. Und heute bin ich sogar schon ein Stück nördlich davon. Es geht also langsam, aber sicher auf die Nummer 8 zu: Göteborg! Noch etwa 100 km. Mit dem Auto wäre das ein Katzensprung. Aus Fußgangerperspektive ist es ein Euphemismus für Dienstag. Am besten ich denke gar nicht so weit voraus. Jetzt gerade bin ich hier auf diesem Weg und das ist okay. Ich will nirgendwo anders sein und der Rest ist mir mal wieder egal.

Ein paar Wälder, Wiesen und Kurven später kommt zwar noch nicht Göteborg, aber dafür was anderes Schönes, vielleicht sogar schöner: Ein Wasserfall mitten im Wald.

Ich folge ein Stück dem Bachlauf in ein Tal hinab, wo sich das Wasser zu einem kleinen Waldsee sammelt. Und tatsächlich finde ich am Ufer ein Fleckchen, das gerade groß genug ist für mein Zelt. Keine Frage: Hier bleibe ich!

Ich lausche dem Rauschen des Wasserfalls in der Ferne. Der See liegt ganz ruhig da. Die Bäume spiegeln sich darin. Es regnet noch immer nicht. Der Augenblick ist wunderschön. Und zum vierten Mal beschließe ich: Der Rest ist mir egal!