Tag 39: Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Waldsee her

Die Vögel zwitschern in den Bäumen rund um den Waldsee, ein kleiner Schmetterling flattert vorbei und in der Ferne rauscht der Wasserfall. Nachdem ich meinen Morgenkaffee getrunken habe, packe ich zusammen, nehme Abschied von meinem Schlafplatz und los geht's: Auf zu neuen Bäumen!

Das Rauschen des Wasserfalls ist bald verebbt, doch plätschert zwischen den Stämmen hier und da ein kleines Bächlein vor sich hin.

Nach einigen Kilometern stoße ich auf mehrere alte Wassermühlen.

Eine kann man sich sogar von innen ansehen.

Kein Wunder, dass die Gegend so hügelig ist, irgendwie muss das Wasser ja schließlich auf die Mühlen kommen bzw. früher einmal gekommen sein.

An der Außenwand der Hütte eines Wandervereins bei einem Rastplatz gibt es einen Trinkwasserknopf. Toller Service genau zum richtigen Zeitpunkt! Die scheinen zu wissen, dass das ständige Rauf und Runter in ihren Wäldern ganz schön schweißtreibend ist.

Doch zur Belohnung gibt es zwischendurch immer mal wieder ein Päuschen mit Aussicht.

Allerdings kann man nicht von jedem Hügel so weit gucken, denn oft geht es auf schmalen Pfaden durch dichten Wald. Teils mit ein wenig heiligem Chaos und dadurch verursachten Hindernissen:

Bernoscha provoziert mit Vorträgen über die Nachteile des aufrechten Gangs im Allgemeinen und die Vorteile seiner Statur im Besonderen, während er dynamisch wie eine weiße Maus unter allem hindurchhuscht. Ich habe die Wahl, es ebenfalls auf allen Vieren zu versuchen... 

...oder ich schwinge mich mit einer maßig eleganten Hockwende oben drüber.

Irgendwann hab ich wirklich ein bisschen die Nase voll von diesen Pfaden und keine Lust mehr, mich mühsam durchs Gelände vorwärtszukämpfen. Es gibt schließlich Straßen und Autos oder wenigstens Fahrräder. Was mache ich hier bloß und wie blöd bin ich eigentlich! Doch gerade als meine Stimmung zu kippen droht, da taucht hinter einer Biegung ein Anblick auf, der mich schlagartig mit allem versöhnt.

Diesen Waldsee erreicht man nur zu Fuß. Und wer sehen will, wie sich die Mittagssonne auf seiner Oberfläche spiegelt, der muss eben auch mal ein Stück auf allen Vieren kriechen. Kein zu hoher Preis, wie ich finde.

Ich sitze lange dort am Ufer und schaue aufs Wasser. Es ist unfassbar still. Hinterher versuche ich, diese Stille zu fotografieren. Ob es geklappt hat, müsst ihr entscheiden.

Von diesem See wieder wegzukommen ist ähnlich aufwendig wie hin. Doch ich bleibe dabei: Es lohnt sich! Trotzdem bin ich ganz froh, als ich irgendwann wieder einen soliden Forstweg unter den Füßen habe, sogar mit ersten, unübersehbaren Vorboten der sich nähernden Großstadt Göteborg.

Und dann kommt wieder ein See, und zwar ein richtig großer, der Stora Hornsjön, an dessen Ufer ich mir einen Schlafplatz suchen werde. Zuerst aber will ich noch auf ein paar Aussichtsplätze am teils steilen Ufer hinaufkraxeln.

Und wieder mal lohnt sich die Anstrengung!

Außerdem kann ich ja jederzeit Pause machen. 

An meinem Schlafplatz unten auf einem schmalen Stück Sandstrand brauche ich keinen Trinkwasserknopf. Hier gibt's direkt neben meinem Zelt mehr Wasser als ich in meinem ganzen Leben trinken könnte.

Für einen See ist die Brandung ganz ordentlich. Wieder wird es das Geräusch von Wasser sein, das mich in den Schlaf wiegt, doch kein kontinuierliches Rauschen wie gestern, sondern mehr ein rhythmisches Wellenschlagen.