Tag 65: Linköping

Ein neuer, richtig warmer Tag, der sich schon sehr nach Sommer anfühlt.

Sogar den Schlangen reicht die Temperatur aus, um sich am Wegesrand zu sonnen.

Ich muss an die Eidechse denken, die mir vor zweieinhalb Wochen auf den Kopf gefallen ist. Hoffentlich ist sie inzwischen wieder aufgetaut.

Nach einigen Kilometern erreichen wir Berg, wo der Götakanal in den See Roxen einmündet. 

Der Ort ist bekannt für seine gewaltige Schleusentreppe, eines der bedeutendsten technischen Bauwerke Schwedens. 

Die Anlage besteht aus sieben Schleusenkammern und überwindet bis hinunter zum Roxen insgesamt 18.9 Höhenmeter.

Hinter Berg können wir leider nicht mehr weiter am schönen Götakanal entlang laufen, denn der ist ja nun im See verschwunden. Wir folgen also dem Fahrradweg an der Landstraße nach Linköping.

Zur Linken lässt sich in der Ferne der Roxen erahnen. Ansonsten ist die Strecke nicht sehr spannend, doch schaut man genau hin, gibt es auch hier einiges zu entdecken. Hummeln am Löwenzahn zum Beispiel.

Ich freue mich immer noch wahnsinnig über all die gelben Blüten. Da sie hier erst vor etwa einer Woche aus dem Boden geschossen sind, ist der Anblick dieser sonst so gewöhnlichen Blumen noch ganz neu und bemerkenswert. Für mich bedeuten sie, dass die warme Jahreszeit nun endgültig begonnen hat und ich nachts nicht mehr frieren muss. 

In Linköping ist es leider Zeit für Angela und mich, uns zu verabschieden. Angela muss zum Bahnhof. Ich folge ihrem Tipp und schaue im Secondhand-Kaufhaus Myrorna nach Büchern. Tatsächlich hätte ich gerne mehrere gekauft, belasse es aber vernünftigerweise bei einem dünnen und leichten Krimi für nur neun Kronen. Den kann ich gerade noch tragen. Danke dir Angela für diesen super Hinweis und natürlich für die tolle gemeinsame Zeit! 

Übrigens ist Secondhand in Schweden keine neue Retro- und Recyclingmode, sondern bereits seit Jahrzehnten ein gängiges Konzept. Möbel, Kleidung, Geschirr, Spielzeug... gebraucht zu kaufen, ist in allen gesellschaftlichen Schichten üblich. Manchmal einfach nur, um ein Schnäppchen zu machen oder etwas ganz besonders Individuelles oder Besonderes zu finden, manchmal aus Gründen der Nachhaltigkeit, manchmal um die Secondhand-Läden zu unterstützen, die in der Regel von Kirchen oder Wohltätigkeitsorganisationen betrieben werden.

Nachdem ich mich mit neuem Lesestoff ausgestattet habe, schlendere ich noch ein bisschen durch Linköping.

Viele Straßen sind ein wilder Mix aus alt und neu.

Linköping hat sehr moderne...

...und insbesondere rund um den Dom auch sehr geschichtsträchtige Atmosphäre zu bieten. 

Leider kann man die immense Größe dieser Kirche im Moment nicht so richtig erfassen, da der Turm zu Renovierungszwecken eingerüstet ist. 

Erst laufe ich nur drumherum, dann beschließe ich, dass ich unbedingt doch noch hineingehen muss. Eine gute Entscheidung, denn von innen kommt mir das Bauwerk sogar noch beeindruckender vor als von außen. Der Kirchraum ist nicht einfach nur gigantisch, es gibt auch viele wunderschöne Details zu entdecken. Besonders gefällt mir ein kleines, beleuchtetes Fenster im Boden, in dem ein gläserner, weißer Tropfen liegt, überschrieben mit den Worten "Ich bin ein Tropfen im Meer Gottes."

Nachdem ich den Dom eine ganze Weile bewundert habe, wird es Zeit, mich auf den Weg zum Stadtrand zu machen. Dort gibt es ein hübsches Naturschutzgebiet mit guten Übernachtungsplätzen. Deshalb habe ich mir überlegt, doch erst am Sonntag in Norrköping auf den Campingplatz zu gehen.

Tatsächlich dauert es gar nicht lange, bis ich auf grünen Wiesen zwischen knorrigen, alten Baumriesen stehe und von der Stadt kaum noch etwas merke.

Doch werde ich morgen auf anderem Weg noch einmal hinein- und hindurchlaufen, um mir ein Freilicht-Museum anzugucken, wo das alte Linköping auf überzeugende Art und Weise lebendig werden soll. Morgen Vormittag kommt also nochmal ein bisschen Stadt mit ein bisschen Geschichte, nachmittags dann wieder Natur und "Wildnis".