Tag 75: Waldkunst

Genau wie gestern gibt's auch heute wieder ein Bild vom Null-Uhr-Himmel. Ich werde jetzt immer mit so einem Mittsommer-Countdown-Foto beginnen, dann könnt ihr nachvollziehen, wie es hier mit jeder Nacht ein wenig heller wird.

Morgens kraxele ich wieder runter von meinem kleinen Berg und folge weiter dem Sörmlandsleden.

Ein bisschen Wald, ein bisschen Feld, ein bisschen Hügel, ein bisschen Dorf und eine wirklich hübsche Kirche, die mit ihren Zwiebeltürmchen fast besser nach Oberbayern als nach Schweden passen würde, aber Sörmland ist eben eine Mischung aus allem Möglichen.

Wobei die Hauptzutaten heute Bäume und Wasser sind, doch immer brav im Wechsel, das heißt bevor ein Wald zu groß wird, kommt wieder ein See und umgekehrt.

Die Strecke, die ich insgesamt zurücklege, ist gar nicht so besonders weit. Trotzdem brauche ich den ganzen Tag. Das liegt zum einen am anstrengenden Auf und Ab auf verschlungenen, holprigen Pfaden... 

...zum anderen daran, dass am Weg so wahnsinnig viel zu sehen ist. Ich bleibe immer wieder stehen, gucke rechts und gucke links, fotografiere dies und das, teils aus verschiedenen Richtungen und Perspektiven und sogar auf dem Bauch liegend.

Ich betrachte eine Sehenswürdigkeit nach der anderen.

Allein die vielfältigen Formen der Kiefern...

...könnte ich mir stundenlang ansehen.

Und dabei gibt es noch so viel anderes zu entdecken. Den Farn zum Beispiel, der sich dieser Tage so kunstvoll entrolllt.

Oder ein strahlend weißes Blütendach, unter dem geschäftig die Bienen summen.

Oder die Wurzeln eines umgekippten Baumes, die aussehen wie ein feuerspeiender Drache.

Oder die Farbkontraste zwischen Bodenbewuchs, Moos, Fels und Baumstämmen oder, oder, oder...

Wo es so viel zu gucken gibt, da kriege ich einfach kein sportlich-ambitioniertes Nordic-Walking-Tempo hin, sondern schlendere von Kunstwerk zu Kunstwerk wie durch ein Museum.

Am See trödel ich fast noch mehr als im Wald, denn hier gibt's die Bilder sogar doppelt.

Egal, dann bin ich heute eben mal noch etwas langsamer als langsam.

So klares Wasser muss man einfach eine Weile anschauen, und so sehr glitzerndes ebenfalls.

Und hätte ich ein Boot, ich wäre neugierig genug, mein Wald-und-See-Sightseeing auch noch auf sämtliche verfügbare Inseln auszudehnen.

Vielleicht ganz gut, dass ich keins habe, denn dann würde ich überhaupt nicht mehr vorwärtskommen. So schaffe ich immerhin noch ein paar Kilometer Kunsthalle, bis ich schließlich auf einem kleinen Berg in einem durch einen See unterbrochenen Wald mein Zelt aufbaue.

Wem es jetzt reicht mit Bäumen und Wasser, keine Sorge: Morgen kommt mal wieder Zivilisation. Noch nicht Stockholm, sondern ganz Sörmland-gemäß ein kleines Städtchen. Lasst euch überraschen.