Tag 83: Hochhäuser, einsame Seen und alles dazwischen

Das Mittsommer-Countdown-Foto habt ihr ja gestern schon bekommen. Also starte ich ohne Umschweife mit meinem Aufbruch am Hostel...

...einem letzten Blick auf das schöne Segelschiff und auf Gamla Stan.

Dann geht's raus aus dem touristischen Stockholm und rein in die Vororte.

Das ist nicht immer spektakulär, hat jedoch den Vorteil, dass ich sehen kann, wie die meisten Stockholmer tatsächlich leben, denn die wohnen ja gar nicht alle 950.000 in einem alten Kaufmannshaus in der Gamla Stan.

Das T steht übrigens für U-Bahn, die hier Tunnelbahn heißt, eine viel treffendere Bezeichnung, wie ich finde. Denn Untergrund meint ja eigentlich etwas Zwielichtiges und Geheimes. Wenn man beim Telefonieren in der U-Bahn schlechten Empfang hat, würde man doch immer sagen: "Tut mir leid ich bin im Tunnel." Und nicht: "Sorry, ich ruf dich später an, bin gerade im Untergrund." Doch das nur als kleiner Exkurs am Rande. Denn ich will mich ja gar nicht mit U- und T-Bahnen beschäftigen, sondern viel mehr raus aus ihrem Einflussbereich.

Und mit Hilfe des gut beschilderten Fahrradwegenetzes funktioniert das gar nicht schlecht.

Die Stockholmer Stadtgrenze erreiche ich recht schnell, doch bedeutet das noch lange nicht, dass jetzt Schluss wäre mit der städtischen Atmosphäre. Denn Stockholm hat nach Norden raus mindestens ebenso viel Vorstadt zu bieten wie im Süden.

Zwischendurch laufe ich zwar immer wieder durch Grünanlagen, wo die Wege dann schon recht hübsch aussehen.

Doch ist es ratsam, sich nicht zu früh zu freuen, denn kurz darauf kommt wieder so was:

Mittagspause mache ich an einem See. Traumhaft, oder? Doch was ihr weder sehen noch hören könnt, ist die Autobahn direkt hinter mir.

Aber zumindest Bieber und Haubentaucher scheint der Lärm nicht zu stören.

Hinter der Autobahn kommt ein kleines Stück idyllischer Trampelpfad.

Dann folgt die nächste Hochhaussiedlung. Rote Holzhäuschen gibt es vorerst nur so:

Oder so:

Doch ich will nicht meckern. Klar, ländliche Idylle auch außerhalb der Autobahnunterführungen wäre schön, aber ein Supermarkt ist es auch, denn ich habe wirklich Hunger und Lust auf was Kaltes zu trinken.

Außerdem ist es ganz angenehm, den Rucksack zur Abwechslung mal im Einkaufswagen spazieren zu fahren. Vielleicht sollte ich so ein Ding klauen. Also heute bei soviel Asphalt würde sich das richtig lohnen, wäre aber fürchte ich geschummelt. Also nein!

Hinter dem Supermarkt wird es grüner und endlich blicke ich, als ich mich umdrehe, auf etwas zurück, was tatsächlich sehr vielversprechend nach endgültigem Stadtrand aussieht. Und tatsächlich: Die roten Holzhäuser sind zurück...

...ich höre einen Kuckuck rufen und bekomme zwei Mückenstiche. Die Stadt liegt definitiv hinter mir!

Bernoscha begrüßt freudig die Kollegen und isst sich erstmal ordentlich satt. Kulinarisch war Stockholm aus seiner Sicht ein Totalausfall.

Zwar ist er ein bisschen traurig, dass die Pusteblumen, die er so sehr mag, weil sie ihn immer ein bisschen an sich selbst erinnern, gerade vergehen, doch gibt es dafür etwas neues Schönes zu bewundern: Die leuchtend gelbe Rapsblüte.

Endlich wieder der unverstellte, weite Blick auf einen Waldrand.

Jetzt kann auch der nächste See ohne Autobahn im Rücken nicht mehr weit sein.

Und da ist er auch schon - oder erst? Die Sonne steht mittlerweile ja doch recht tief und ich bin seit etwa zehn Stunden unterwegs.

Aber, ich hab's geschafft! Mein Ziel war es, wieder einen Wanderweg unter die Füße zu kriegen, und das hat geklappt.

Was südlich von Stockholm mit dem Sörmlandsleden endet, geht nördlich der Stadt mit dem Upplandsleden weiter: Felsiger Wald, klare Seen und tolle Schlafplätze!

Ach ja, für eine Sache außer Essen, die jedoch indirekt (oder eigentlich sehr direkt) damit zu tun hat, kam mir die Zivilisation heute dann doch sehr zupass: Ich wollte nicht mehr ständig mit meinem Bart in Tütensuppe oder Eiscreme rumhängen, also hab ich ihn kürzen lassen. Ein Foto vom Resultat allerdings hebe ich mir als Cliffhanger für morgen auf 😆 Da ist ja ohnehin mal wieder Dienstag und damit das Wochen-Selfie fällig.