Kapitel 9 - Vom Polarkreis bis ans Nordkap

Beim Zeltabbau wird mir klar: Nordkap heute! Ich sollte mich beeilen, denn die Welt hier oben geht langsam in den Winterschlaf.

Die Nordkap-Insel Magerøya ist schon eher was für Fans rauerer, felsiger Landschaften. Anders ausgedrückt: definitiv mehr Mordor als Auenland. Zu dieser Jahreszeit wirft durch die tiefstehende Sonne selbst am helligten Tage alles lange Schatten, und vor dem Hintergrund des blauen Himmels umgibt die scharf konturierten Bergmassive ein düster zwielichtiger Glanz.

Schon morgens klettert die Polarsonne sehr vielversprechend hinter den Felsen neben meinem Schlafplatz empor.

Als ich morgens aus dem Zelt schaue, sind die Berggipfel ringsum von einer dünnen, weißen Schicht bedeckt. Da oben muss es wohl heute Nacht geschneit haben. Hier unten direkt am Meer war es nur Regen.

Andalusisch blau ist der Himmel heute nicht, aber irgendwie passt der graue Nebel auch ganz gut zur felsigen Küste der Barentssee.

Ein unbeschwerter Vormittag: kein Tropfen Regen, kaum Wind und sogar eine Ahnung von Sonne am Horizont, die nach ein paar Kilometern tatsächlich zu blauem Himmel wird.

Und weiter geht's durchs dunstig-felsige Repperfjorddalen. Ganz offensichtlich ist es noch immer warm genug für Regen.

Juchhu, es ist warm genug für Regen!!!

Auch auf 70 Grad Nord kann man noch unter blauem Himmel erwachen! Gleich morgens zum Frühstück habe ich einen herrlichen Blick über den Fjord. Zugegeben, es ist kältebedingt kein besonders ausgedehntes Frühstück, nichts mit gemütlich Zeitung lesen und so, aber das macht nichts, ich habe ja sowieso keine Zeitung.

Ich überquere den Eibyelva und etwas später den Altaelva. Das Licht ist nicht mehr sommerlich, aber dennoch kommt mir alles sehr grün vor. Nach den Tagen oben in den Bergen kann ich immer noch nicht recht glauben, was ich sehe.

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