Ich lasse den HELAGS (1) hinter mir und laufe weiter in Richtung Süden. Jetzt bin ich auf dem Wanderweg, den man auch als südlichen KUNGSLEDEN bezeichnet. Nächste Station ist das Naturreservat ROGEN (2) mit dem gleichnamigen See im Zentrum, umgeben von einem Mosaik aus Höhenrücken und Blockfelder, dazwischen unzählige kleine und größere Gewässer. Die für die Gegend typischen, schmalen felsig aufgeworfenen Landzungen sind werden der letzten Eiszeit entstanden und werden als Rogenmoränen bezeichnet. Damit ist das Gebiet sogar geographisch namensgebend geworden, denn inzwischen wird der Begriff "Rogenmoräne" auch zur wissenschaftlichen Beschreibung vergleichbarer Erscheinungen in anderen Teilen der Welt benutzt.
Rund um den Rogen lebt Schwedens einzige wilde Moschusochsen-Population. Riesengroße Tiere mit einem Gewicht von bis zu 400 kg, die durch ihr langes, dichtes Fell und ihr beeindruckendes Gehörn noch etwas massiger wirken. Moschusochsen leben in Herden. Ihre Verbreitungsgebiete liegen innerhalb der Polarregionen der Nordhalbkugel. Zeitweise waren sie vom Aussterben bedroht. Durch Jagdbeschränkungen haben sich die Bestände inzwischen erholt. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass man auf einen Moschusochsen trifft, sollte man Abstand halten und sich mit langsamen und ruhigen Bewegungen zurückziehen. Tiere, die sich erschrecken oder bedroht fühlen, können angriffslustig werden. Gleiches gilt übrigens für die ebenfalls in Nordschweden heimischen Wölfe und Braunbären. Allerdings sind Begegnungen auch hier extrem selten. Deutlich wahrscheinlicher ist es, irgendwo in den Wäldern auf einen Elch zu stoßen und mit großer Sicherheit wird man auf den Hochebenen immer wieder Rentiere entdecken. Letztere sind scheu und ziehen sich, sobald sie einen Menschen erblicken, instinktiv zurück.
Südlich vom Rogen folgt das LÅNGFJÄLL (3). Der 1204 m hohe Storvätteshågna wird der letzte Berg über 1000 m sein, den ich auf meiner Tour durch die Bergwelt Schwedens erklimme. Allmählich nähere ich mich dem Ende der Fjällregion und das Land wird flacher. Als nächstes kommt das Fulufjäll, eine langgestreckte Hochebene, von deren nordöstlichem Rand sich der beeindruckende NJUPESKÄR (4), Schwedens höchster Wasserfall, 125 m in die Tiefe stürzt. Das südlichste Gebiet mit typisch hochalpinem Charakter ist das TRANSTRANDSFJÄLL (5). Es liegt liegt westlich des Dorfes SÄLEN (6), das Skilanglauf-Fans als Startpunkt des Vasaloppet, auf deutsch Wasalauf, bekannt sein dürfte. Der Vasaloppet wird seit 1922 jedes Jahr Anfang März ausgetragen und ist eine der größten Skilanglauf-Veranstaltungen der Welt. Zielort ist das 90 km entfernte MORA (7) am Siljansee. Die Rekordzeit auf Skiern liegt bei knapp unter 3,5 Stunden. Zu Fuß auf dem Wanderweg VASALOPPSLEDEN, der teils auf, teils parallel, teils etwas abseits der Skiloipe verläuft, braucht man etwas länger.
In Mora gibt es ein Museum, das die Geschichte des Vasaloppet erzählt. Das Rennen soll an die Flucht des Freiheitskämpfers und späteren schwedischen Königs Gustav Vasa vor den dänischen Besatzern im Jahr 1521 erinnern. Der Unmut über die Besatzung hatte im ganzen Land rasch zugenommen und auch die Menschen rund um Mora erreicht. Aus Angst vor den Dänen wagten sie zunächst nicht, Gustav zu beherbergen. Wenig später jedoch bedauerten sie ihre zögerliche Haltung und schickten Gustav, der inzwischen in Richtung Norwegen weitergezogen war, ihre zwei besten Skiläufer hinterher. Die beiden fanden ihn in Sälen und konnten ihn zur Umkehr überreden. Zurück in Mora wurde Gustav zum Anführer einer Widerstandsbewegung, die rasch weite Teile Schwedens erfasste und schließlich zur Unabhängigkeit von Dänemark führte. Am 6. Juni 1523 wurde Gustav Vasa in Stockholm zum König gewählt. Heute wird an diesem Datum alljährlich der schwedische Nationalfeiertag begangen.
Von Mora aus ist es nur noch ein Katzsprung von etwa 25 km, bis ich wieder vor unserem HÄUSCHEN (8) stehe. Genau wie meine Tour durch Südschweden, will ich auch meine Nordschwedenreise hier beenden.