Tag 100 - 2569 Bäume

Nein, das ist kein Werbefoto für Hersteller wasserdichter Packsäcke, sondern der Versuch, mit all dem Krempel aus meinem Rucksack die Zahl Hundert auf den Waldboden zu schreiben. Zur Feier des Tages sozusagen, denn ich habe heute meinen Hundertsten 😄 Gleichzeitig ist es ein Suchbild: Die Frage ist, wo ist Bernoscha? Er nullt ja schließlich ebenfalls. 

Auch das Wetter ist so richtig zum Feiern! Da lässt es sich locker mit ein bis zwei Klamottenschichten weniger durch die Gegend laufen als gestern und vorgestern. 

Sorglos blauer Himmel, aber dennoch gibt es ein sehr ernstes Thema, mit dem ich mich in dieser Gegend immer wieder konfrontiert fühle: Der Erste Weltkrieg, der ja genau hier stattfand. Während der letzten Tage bin ich an mehreren Soldatenfriedhöfen vorbeigekommen.

Diese Bauern und Arbeiter, Studenten und Schüler, Väter und Söhne wollten wohl kaum alle Soldaten sein, die mussten. Nur weil an irgendeinem Konferenztisch von hochrangigen Politikern eine Kriegserklärung unterzeichnet wird, gehen plötzlich Menschen aufeinander los, die gar kein persönliches Interesse daran haben, einander zu töten. Wenn ich beim Wandern diese Landschaft hier anschaue, die Hügel und Wälder ringsum, dann kann ich nicht umhin, mir vorzustellen, wieviele Menschen hier gestorben sind und wie entsetzlich grausam und sinnlos dieses Sterben war. Wie absurd und zufällig doch alles ist. Wäre ich ein Jahrhundert eher geboren... Doch zum Glück lebe ich jetzt. Ich wandere hier lang als Bürger der Europäischen Union - ist das nicht fast ein Wunder? - und ich merke, wie dankbar ich dafür sein sollte. 

Nachmittags öffnet sich der Blick ins Moseltal. Wow! Ich bin an der Mosel! Damit verlasse ich Meurthe-et-Moselle und erreiche Moselle, das letzte Département auf meinem Weg durch Frankreich. 

Auf wunderschönen Pfaden geht es durch den Wald hinunter ins Tal. Wald! Das ist wie immer mein Stichwort für einen Schlafplatz, den ich zum Glück rasch finde. 

Ich schaue an den Buchenstämmen hinauf in den Abendhimmel und muss an die Palmen, Agaven und Orangenbäume in Andalusien und meinen allerersten Zeltplatz mit Blick auf die Straße von Gibraltar denken. Es kommt mir vor, als sei das ewig her und gleichzeitig als wäre es gestern gewesen. Hundert Tage unterwegs, und ich habe noch längst nicht genug 😊