Tag 238 - 5862 Bäume

Heute scheint wieder ordentlich die Sonne. 

Zwar tappe ich den ganzen Vormittag als Wäscheständer durch die Landschaft, doch mit Erfolg: Nachmittags ist alles trocken und mein Rucksack kann sich wieder ganz aufs Leuchten konzentrieren. 

Ich bin unterwegs nach Pajala, der nächsten größeren und letzten schwedischen "Stadt" auf meinem Weg. Danach beginnt Finnland. Gegen Mittag erreiche ich schon mal den Landkreis, doch der ist, wie immer hier oben, riesig, und in Pajala selbst werde ich erst am Freitag ankommen. Die Straße bzw. größtenteils eher Schotterpiste dorthin kann man getrost zum Wanderweg erklären. 

Rentiere kommen zwar ab und zu vorbei, ansonsten aber bin ich meist allein mit meinem Schatten und glücklich, dass die Sonne so sehr scheint, dass ich wieder einen habe. Im Übrigen kann ich heute gar nicht anders als unendlich dankbar und fröhlich vor mich hin zu grinsen. Ja, denn ich laufe jetzt ins letzte Zehntel dieser riesengroßen Wanderung hinein: 650 km sind noch übrig von den 6500, die es vor acht Monaten waren. So richtig glauben kann ich das nicht. Meine Schritte knirschen im Schotter, der Rucksack fühlt sich schwer an, ich habe schon wieder Hunger, und ich bin entsetzlich langsam. Und dennoch bin ich hier, noch immer auf dem Weg und schon beinah angekommen. Ja, ich sage "schon", denn manchmal fühlt es sich an als läge Spanien nicht ein halbes Jahr, sondern bloß eine Wegbiegung hinter mir. 

Eine Begegnung gibt es allerdings doch, die meine Tagträumereien sogar mehrmals und ganz regelmäßig unterbricht: Der Bus von Ullatti nach Tärendö (ein kleiner Ort etwa 45 km vor Pajala, den ich morgen erreichen werde) überholt mich alle zwei Stunden und kommt mir um eine Stunde versetzt, ebenfalls alle zwei Stunden als Bus von Tärendö nach Ullatti entgegen gefahren. Ich sehe diesen Bus insgesamt acht mal. Skurrilerweise immer leer (will denn niemand von Ullatti nach Tärendö oder umgekehrt?), doch mit einem sehr freundlichen Fahrer, der jedesmal anhält, um ein paar Worte mit mir zu wechseln. Er empfiehlt mir sogar eine gute Stelle zum Zelten, und die ist wirklich wunderschön! 

Da es noch 11 km sind bis nach Tärendö, habe ich morgen früh bestimmt Gelegenheit, mich zu bedanken.