Tag 90: Das stört keinen großen Geist

Hier wie versprochen der Nachthimmel, allerdings nicht Punkt 00:00 Uhr, sondern erst gegen halb eins. Aber ist ja trotzdem noch hell genug 😊

Morgens begrüßt mich eine Herde netter, fluffiger Schäfchenwolken, und zwar aus allen Richtungen.

Nachdem die Sonne ein wenig höher gestiegen ist, beginnt das Grün am Ufer herrlich zu leuchten.

Das ist immer noch der See, an dem ich geschlafen habe, und inzwischen das achte Foto, das ich euch davon unterjubele. Fühlt sich wahrscheinlich schon beinah so an, als wärt ihr selbst hier. Vällen heißt er übrigens und ist nicht ganz klein, vor allem ist er sehr langgestreckt. In Nord-Süd-Richtung beträgt seine Ausdehnung Luftlinie 15 km. Doch ein See verläuft natürlich nicht gerade, sondern bildet diverse Buchten und Kurven. Immer wieder verschwindet der Vällen völlig aus dem Blick, so als hätte ich ihn bereits hinter mir gelassen, nur um dann doch wieder zwischen den Baumstämmen hindurchzuschimmern.

Und noch etwas Besonderes hat es mit dem Vällen auf sich: Der 60. Breitengrad geht mitten hindurch. Für mich ein kleiner Meilenstein, denn damit liegt Schwedens Süden mit der Fünf vorne ab heute hinter mir. 

Doch keine Sorge, ich bin noch eine Weile unterwegs. Schweden erstreckt sich vom 55. bis hinauf zum 69. Breitengrad, ist also noch lange nicht zu Ende.

Der Vällen allerdings dann irgendwann doch und holprige Pfaden führen mich wieder tiefer in den Wald hinein.

Ein ziemlicher Rumpelwicht-Wald, wie man unschwer erkennen kann.

Solltet ihr nicht wissen, was ein Rumpelwicht ist, lest mal "Ronja Räubertochter". Falls ihr schon erwachsen seid: Macht nix! Oder um Karlsson vom Dach zu zitieren: "Das stört keinen großen Geist." Man kann alles von Astrid Lindgren in jedem Lebensalter lesen, auch zum ersten Mal.

Rumpelwicht-Wälder sind sehr schön, doch kommt man beim Kraxeln über all die bemoosten Felsen nur langsam voran. Will man vermeiden, mit dem Fuß das Dach einer Rumpelwicht-Wohnung einzutreten, so wie es Ronja versehentlich passiert, dann muss man sehr aufpassen. Insofern bin ich froh, als ich wieder einen Forstweg unter den Sohlen habe.  

Ist zwar nicht ganz so verwunschen hier, aber trotzdem nicht langweilig, denn auch auf einem Forstweg ist auf allen Ebenen mächtig was los. Ameisen auf dem Boden... 

...Käfer an den Blumen...

...und Mücken in der Luft. Letztere zum Glück in deutlich geringerer Menge als tief im Gestrüpp, aber immer noch genug, um Schleier zu tragen, doch das stört keinen großen Geist. Man sollte sich viel häufiger an Karlssons Motto halten, zum Beispiel auch bei geschmolzener Schokolade, zerkrümelten Keksen oder warmem Eistee.

Wie ihr seht, fotografiere ich so ziemlich alles, was geht, aber die Mücken nicht! Irgendwo muss Schluss sein! Stattdessen lieber nochmal den schönen Weg, jetzt bereits kurz vorm Ziel, das heißt vorm nächsten See.

Und da ist er auch schon...

...Mücken natürlich inklusive, aber ich halte es mit Karlsson, baue einfach stoisch das Zelt auf und schlüpfe hinters Moskitonetz.

Ich habe ein Dach (oder zumindest eine Plane) über dem Kopf, reichlich Wasser, genug Essen bis zum nächsten Supermarkt und abgesehen von ein paar Mückenstichen geht's mir prima. Der Rest stört keinen großen Geist.