Tag 93: Lachs und Löwenzahn

Die Gänsefamilie auf meiner Insel schnattert die ganze Nacht durch. Kann ich gut verstehen. Ich werde bei dem hellen Licht auch kaum noch richtig müde und bin drauf und dran rauszugehen und mitzuschnattern. Nils Holgersson könnte das. Mir fehlen leider die entsprechenden Sprachkenntnisse, also bleibe ich lieber im Zelt und halte den Mund.

Irgendwann schlafe ich sogar ein, wahrscheinlich weil ich mich an die Geräuschkulisse gewöhne. Als ich morgens aus dem Zelt gucke, sind die Gänse immer noch zu Gange. Man frühstückt und hinterher übt man ins Wasser zu springen.

Außerdem schaut man mir neugierig beim Zusammenpacken zu. Unterwegs habe ich auch heute wieder grüne Welle.

Doch geht es nicht nur durch Wald; die Landschaft ist reich an Sumpf, Seen und kleinen Flüssen.

Ich wandere über mehrere Brücken und stelle fest, dass selbst das Wasser immer mehr grüne Flecke bekommt. 

Nur die Holzhäuschen sind immer noch rot, wie zum Beispiel an diesem Picknickplatz, wo ich Mittagspause mache und ein Brötchen mit Lachs verdrücke. Hab mir gestern in Österbybruk nämlich mal was Feines gegönnt.

Übrigens erreichten mich besorgte Nachfragen, ob denn Bernoscha auch genug zu Essen bekäme und ob es nicht vielleicht ein wenig herzlos gewesen sei, ihm den Verzehr von Blume 2000 zu verwehren. Keine Sorge, Bernoscha geht es prächtig. Löwenzahn wächst reichlich am Weg und er kann so viel davon fressen wie er mag, was er in der Regel auch sehr ausgiebig tut.

Bei Bernoscha ist es wichtig, dass sein Bauch im Laufen den Boden berührt, dann hat er ausreichend Reserven und ist in Topform. Wie ihr seht, ist dies augenblicklich der Fall. 

Dennoch dankt Bernoscha für die mitfühlende Sorge um seine Person. Er hofft, dass die obigen Fotos erkennen lassen, wie er vor Vitalität nur so strotzt und dass damit alle Fans ausreichend beruhigt sind. Nach einem üppigen Mahl aus Lachs und Löwenzahn geht es weiter mit dem sumpfigen Part der heutigen Etappe.

Auch wenn der Untergrund recht trocken wirkt, bin ich doch dankbar für die vielen Holzstege, denn ohne wären nasse Füße und ein Einsinken im Schlamm bestimmt vorprogrammiert.

Bernoscha merkt an, dass er aufgrund seines federleichten Körpergewichts den Sumpf auch ohne derartige Hilfsmittel problemlos passieren könnte, bleibt dann aber doch auf den Planken, um zu verhindern, dass sein Bäuchlein nass wird und weil man als sehr kleines Schaf in dichtem Sumpfgestrüpp leicht verloren gehen kann.

Als großer (oder naja zumindest mittelgroßer) Mensch kann man in dieser Landschaft leicht komplett von Mücken zerstochen werden. Doch heute ist es zum Glück recht windig, was die Biester ganz gut vertreibt.

Aber sobald ich wieder tiefer im Wald bin, wo die Bäume den Wind bremsen, surren mir die kleinen Blutsauger um die Ohren und attackieren die einzigen freien Stellen, die ich ihnen biete: meine Hände.

Das eine oder andere Foto vom frischen Grün ist also teuer erkauft.

Es lässt sich nicht leugnen, die Mücken sind ein sehr nerviger Aspekt des skandinavischen Sommers: Wenn es endlich warm genug geworden ist, dass einem Hände und Hintern nicht mehr abfrieren, werden sie zerstochen. 

Doch trotzdem fahren scharenweise Touristen hierher. Damit sind die Mücken irgendwie auch der Beweis dafür, wie schön Schweden ist. Denn wäre dem nicht so, würde wohl kaum jemand seinen Urlaub hier verbringen wollen.

Übrigens auch eine gute Methoden, den Mücken zu entwischen bzw. die Mückenstiche zu kühlen, die man schon hat: einfach mal in einen der unzähligen Seen springen und eine Runde schwimmen.

Hinterher suche ich mir einen Felsen mit Seeblick, um mein Häuschen wieder aufzubauen und zuzuschauen, wie allmählich das nächtlich verhaltene Mittsommerlicht zurückkehrt.