Tag 95: Gehwind statt Fahrtwind

Hier die Antwort auf die (eher rhetorische) Frage, mit der ich gestern geendet habe:

Ja, es war sehr hell. Der Kuckuck (oder waren es mehrere?) rief(en) die ganze Nacht. Sonst allerdings war außer ein paar anderen Vogelstimmen hier und da und einem leisen Säuseln in den Blättern nicht viel zu hören. Da fühlt man sich ganz schön weit weg von allem und ziemlich tief in den Wald abgetaucht.

Entsprechend bin ich beinah froh über ein morgendliches Zeichen am Himmel, das zweifelsfrei belegt, dass nach wie vor irgendwo da draußen oder zumindest da oben andere Menschen existieren.

Tagsüber besteht der Himmel dann wieder vor allem aus Blättern und Nadeln.

Auf einsamen grünen Pfaden wandere ich weiter durch Uppland. Naja, wenn ich die Mücken als Gesellschaft gelten lasse, dann ist es eher das Gegenteil von einsam, um nicht zu sagen ziemlich überfüllt. 

Man sieht sie natürlich nicht. Zum Glück! Denn Fotos voller schwarzer Punkte wären wohl eher nicht so schön. Obwohl ich natürlich zugeben muss, dass ich gestern versprochen habe, mich um andere Farben zu bemühen, aber Mücken fotografiere ich deshalb noch lange nicht. Dann lieber "nur" Grün.

Da ich keine Lust habe, unter langer Kleidung und Mückenschleier vor mich hin zu schwitzen, lasse ich mich heute ziemlich zerstechen. Wobei ich feststelle, dass die untere Hälfte meines Gesichts durch den seit Stockholm schon wieder ordentlich nachgewachsenen Bart praktischerweise ganz gut geschützt ist. Außerdem kann ich die Biester durch schnelles Wandern tatsächlich ein bisschen abschütteln. Man kann nämlich nicht nur im Fahren Fahrtwind erzeugen, sondern auch im Gehen Gehwind. Je schneller desto mehr und desto schlechter für die Mücken.

Mit anderen Worten, ich komme heute ganz gut voran. Immer wenn im Weg liegende Felsbrocke mein Tempo bremsen und der Gehwind allein nicht mehr ausreicht, schwenke ich zusätzlich die Arme und manchmal schimpfe ich auch ein bisschen vor mich hin, was die Mücken jedoch eher kalt zu lassen scheint.

Immerhin kann ich mich zwischendurch auf den breiteren Forstwegen ein bisschen ausruhen...

...und auch mal den Rucksack absetzen. An solchen Stellen nehmen das Gesumme und Gesteche deutlich ab, denn Mücken bevorzugen das dichte Gestrüpp, am liebsten in Verbindung mit Wasser. 

Wie hier zum Beispiel, als nachmittags mal wieder ein See durch die Zweige schimmert.

Doch nicht nur die Mücken mögen Seen, ich auch. Weil sie schön glitzern, weil man darin baden kann und weil ich Durst habe.

Ordentlich erfrischt wandere ich weiter am See entlang und suche mir schließlich ein schönes Plätzchen mit Abendsonne.

Und weil so viel von Mücken die Rede war, hier zur Abwechslung nochmal ein anderes Insekt. Was ist das? Ihr könnt ja erstmal überlegen, ob ihr draufkommt, bevor ihr weiterlest.

Genau, eine Libelle, die sich außen aufs Zelt gesetzt hat und die ich von innen durch die Plane hindurch fotografiert habe.

Zu guter Letzt noch ein bisschen Sonnenuntergangsstimmung, die helle Nacht folgt dann wie immer morgen.