Tag 97: Gävle

Nach einer weiteren Kurz-vor-Mittsommer-Nacht...

... begrüßt mich ein neuer Sommertag mit strahlend blauem Himmel schon morgens beim ersten Blick aus dem Zelt.

Ich wandere noch eine ganze Weile neben der alten Wasserrinne, die ich euch gestern schon gezeigt habe. Kein Wunder bei 30 Kilometern Länge.

Ab und zu kommen zwischen den Bäumen die hölzernen Aufbauten zum Vorschein.

Darunter bleibt es selbst bei so trockenem Wetter wie im Moment immer ein bisschen feucht, wofür gewisse Lebewesen vermutlich sehr dankbar sind.

Schon mir erscheint der Weg neben der Wasserrinne irgendwie nicht enden wollend, aber was soll dieser Kollege erst sagen. Naja offenbar frühstückt er einfach gemütlich ein paar Blätter. Für ihn ist die Rinne vermutlich das ganze Universum und das Ende Lichtjahre entfernt. Ganz so schlimm ist es für mich zum Glück nicht. Nach ein paar Stunden lasse ich das Ding hinter mir und nähere mich, nach wie vor auf dem Gästrikeleden, der Stadt Gävle...

...von der allerdings lange nichts zu sehen ist.

Nach einer Menge Sumpf...

...tauchen schließlich ein paar Häuser auf...

...und wenig später der erste E-Roller als untrügliches Zeichen nahender Zivilisation.

Eh ich's mich versehe, stehe ich auf einem dieser vorstädtischen Fahrradwege...

...mit einem Bayerischen Autohaus zur Linken und zähflussigem Verkehr zur Rechten.

Ihr wisst ja mittlerweile, wie es ist, in Städte hineinzuwandern. Ist auch bei Gävle nicht anders.

Ich setze mich auf eine Bank zwischen Waschbetonplatten statt Wiesenblumen und esse mit Blick auf hässliche Häuser statt schönen Sumpf einen Apfel. Naja, wenigstens sind hier keine Mücken.

Eine neue Wanderhose muss her, die alte kriegt schon Löcher. Also ab in die Einkaufsstraße. 

Ich gehe in alle drei Outdoor-Sportgeschäfte, die Gävle zu bieten hat, werde aber trotzdem nicht fündig. Nur skandinavische Wikinger-Riesengrößen. Aber egal, es ist warm genug, dass ich auch in meinen Badeshorts wandern kann, und laut Wetterprognose wird sich daran auch in den nächsten Tagen nichts ändern. Ich finde mich also damit ab, dass ich hier keine Hose bekomme, verlasse das moderne Shopping-Gävle und wende mich der Altstadt zu.

Denn auch wenn es bisher vielleicht den Anschein hatte, ist Gävle keineswegs nur hässlich.

Die schmalen Gassen und bunten Holzhäuschen in Gamla Gefle (so schrieb man den Ort früher) sind im Gegenteil sogar wirklich zauberhaft.

Ein kleines bisschen Bilderbuch-Schweden zum Abtauchen und um verträumt umherzuschlendern.

Und ein schönes Schloss hat Gävle sogar auch zu bieten.

Von hier ist es gar nicht mehr weit zum Hostel, wo ich mir für heute Nacht ein Zimmer gebucht habe.

Bernoscha schlüpft sofort unter die Tagesdecke und freut sich über ein Nachmittagsschläfchen auf einer weichen Matratze. Ich packe schnell den Rucksack aus und gehe auch schon wieder los. Denn heute Abend bin ich tatsächlich mal zum Essen verabredet, und zwar mit Ralf aus München, der gerade zum Nordkap wandert. Wir kennen uns bisher nur per Mail, doch der Zufall will es, dass sich unsere Wege hier kreuzen und da muss ein Treffen natürlich sein.

Wir verbringen einen richtig schönen Abend mit Pizza, ein paar Bier und spannenden Gesprächen übers Wandern. Echt gut, mal wieder in netter Gesellschaft zu sein! Danke dir, Ralf, für den tollen Abend!