Tag 118: Mondlandschaft mit Rentieren

Über saftig grüne Wiesen laufe ich tiefer ins Tal Neasketvággi hinein.

Würde jetzt auch noch die Sonne scheinen, dann könnte die Landschaft mit ihren sanften grasbewachsenen Hängen, von denen hier und da ein Bächlein hinunterplätschert, beinah lieblich wirken.

Vielleicht ist es aber auch gerade der graue Himmel als Hintergrund, der das Grün der Wiesen so intensiv zum Leuchten bringt.

Am Ende des Tals kraxele ich über Grashänge in den Pass hinauf.

Beim Blick zurück sehe ich das Neasketvággi noch einmal in voller Länge vor mir liegen und damit die gesamte Strecke, die ich heute schon gelaufen bin.

Jenseits des Passes wartet eine zerklüftete Landschaft aus Steinen, Seen, Schneeresten und Wiesenstücken. Von allem ein bisschen, so dass das Ganze wie ein wilder Patchwork-Teppich wirkt.

Ein paar Rentiere blicken von einer Hügelkuppe aus zu mir hinunter.

Wirklich erstaunlich, dass die in dieser kargen Landschaft überhaupt genug zu fressen finden.

Auf den Schneefeldern ringsum sehe ich gleich mehrere Herden.

Ich laufe querfeldein ohne markierten Weg durch eine Gegend, die wahrscheinlich nicht allzu oft von Menschen betreten wird. Den ganzen Tag über begegnet mir absolut niemand. Natürlich wäre ich nicht gern permanent so einsam, doch heute genieße ich es sehr. 

Es ist entspannend und wunderbar, mal irgendwo zu sein, wo die Dinge einfach nur da sind, ohne irgendeine von Menschen erdachte Funktion erfüllen zu müssen. Ein See hat hier keinen anderen Zweck als ein See zu sein. Es gibt keine Uferpromenade, keine Badestelle, keinen Staudamm, keinen Bootsanleger, keine Häuser, keine Landwirtschaft.

Mit jedem Schritt wird die Gegend ein bisschen mehr Mondlandschaft und das Vorwärtskommen immer anstrengender.

Zum Glück ist manchmal ein Pfad zu sehen.

Und manchmal schlängelt er sich sogar sehr deutlich zwischen den Felsen hindurch.

Trotzdem schaffe ich es einfach nicht, die Mondlandschaft heute noch hinter mir zu lassen. Aber ein paar Wiesenflecken, die groß genug sind für mein Zelt, gibt es zum Glück fast überall.

Morgen geht's weiter. Mal sehen, wie lange ich noch auf dem Mond bleibe.