Tag 119: Mondlandschaft mit Norwegen

Nachdem es gestern Abend in Strömen geregnet hat, scheint mir, als ich morgens das Zelt aufziehe, tatsächlich ein bisschen Sonne entgegen.

Mit ein paar blauen Flecken am Himmel sieht die Mondlandschaft gleich viel freundlicher aus.

Finde ich jedenfalls, und außerdem bleibt mir auch gar nicht viel anderes übrig als mich mit ihr zu arrangieren, denn sie lässt mich so schnell nicht los.

Es liegen hier einfach unfassbar viele Felsen in der Gegend herum.

Dazwischen Schneefelder, Seen und immer wieder auch ein wenig Grün. Dasselbe Patchwork-Muster wie gestern...

...allerdings zumindest während der ersten Tageshälfte unter weniger tief hängenden Wolken und in deutlich sommerlicherem Licht, was einen großen Unterschied macht.

Die Seen leuchten viel blauer als gestern und manchmal spiegeln sich die umgebenden Berge darin. 

Gegen Mittag liegt plötzlich ein ganz besonderer Steinhaufen im Weg - gelb angemalt und weithin sichtbar.

Hier verlasse ich kurzzeitig Schweden und betrete Norwegen.

Bernoscha posiert stolz mit der einen Körperhälfte hier und der anderen dort.

Die insgesamt 1630 km lange Grenze zwischen beiden Ländern ist komplett durch solche gelben Grenzsteine markiert. Doch stehen sie in deutlichem Abstand zueinander und dazwischen lässt mitten im Gebirge nichts darauf schließen, dass man gerade eine Staatengrenze überquert und sogar die EU verlässt.

Während der nächsten Tage führt mich der Wanderweg im Bereich der Nummer 5 genau an der Grenze entlang, so dass ich mal über schwedische und mal über norwegische Felsen kraxeln werde.

Allmählich zieht sich der Himmel zu.

Kaffeepause mache ich noch im Sonnenschein...

...Kekspause bereits im Nieselregen.

Die Gegend wirkt zunehmend winterlich.

Bald erreiche ich den See Gautelisvatnet. Da will ich noch dran vorbei, dann ist es Zeit für einen Schlafplatz.

Doch ein bisschen dauert es noch, denn der See ist groß und vor allem sehr langgestreckt. Unten am Ufer treffe ich Jürn und Ole, zwei Medizinstudenten aus Tromsø, die Norwegen zu Fuß durchqueren und in ungefähr einem Monat am Nordkap sein wollen. Damit dürfte klar sein, dass sich unsere Interessen an der einen oder anderen Stelle überschneiden. Wir unterhalten uns ziemlich angeregt und sind alle drei erstaunt, als plötzlich zwei Stunden vergangen sind und wir am Nordende des Sees stehen. Hier müssen Jürn und Ole nach Nordosten abbiegen, während ich die Nordspitze des Gautelisvatnet umrunden und dann weiter in Richtung Südwesten laufen werde. Leider trennen sich unsere Wege also schon wieder. Jetzt einen Schlafplatz zu suchen und gemeinsam zu Abend zu essen, kommt nicht in Frage, denn sowohl ich als auch die beiden müssen, um mit dem Proviant auszukommen, heute noch ein Stück schaffen.

Jürn und Ole verschwinden hinter der nächsten Hügelkuppe und für mich öffnet sich der Blick auf die Berge hinter dem See. Sieht fast aus wie Mordor. Will ich da wirklich hin?

Und das auch noch mit nassen Füßen? Denn ohne Flussüberquerungen geht's hier natürlich nicht. Irgendwo muss das ganze Wasser in dem riesengroßen See ja schließlich herkommen.

Während ich durch den Regen wandere, versuche ich mir diese Welt im Sonnenschein vorzustellen. Dann würden die paar Grasflecken ein bisschen leuchten und alles sähe viel weniger unwirtlich aus.

Doch irgendwann gerät meine Phantasie an ihr Ende: Es ist hier einfach unwirtlich! 

Und weil die Steine in nassem Zustand ziemlich rutschig werden, komme ich auch kaum noch vorwärts. Zeit für einen Schlafplatz, das nächste grüne Fleckchen in dieser Steinwüste ist meins.

Heute übernachte ich in Norwegen. Morgen geht's zurück nach Schweden.