Tag 125: Akka

Heute geht's erstmal nicht zu Fuß, sondern nur mit dem Boot weiter. Die Fjällstation Ritsem liegt nämlich am Ufer des Sees Akkajaure, den ich überqueren muss, um drüben neben dem Berg Akka weiter zu laufen.

Und anders als während der letzten Tage bin ich gar nicht der einzige, der hier unterwegs ist.

Doch die Berge sind groß und Menschen im Vergleich dazu sehr klein. Also verteilt sich die Scharr von ungefähr zwanzig Personen, die Anfangs wie eine Art Polonaise den schmalen Pfad das Ufer hinaufläuft, ziemlich rasch. Die ersten scheren bereits nach wenigen hundert Metern beim Hinweisschild Plumpsklo aus, dann zweigt ein Wanderweg ab, nach einigen Kilometern kommt eine Hütte und manche machen erstmal Frühstückspause. Es dauert nicht lange und ich bin allein auf dem Padjelantaleden, dem ich für die nächsten sieben Tage folgen werde.

Akka ist jetzt ganz nah. Dass Akka der Name der samischen Muttergottheit ist und dass das Bergmassiv als heilig verehrt wird, hatte ich schon gesagt, als die stolzen Gipfel und funkelnden Gletscher auf dem Weg nach Ritsem zum ersten Mal in Sicht kamen. Wenn man direkt davor steht, wirken die Bergspitzen viel abgerundeter, weniger schroff und irgendwie kleiner als aus der Ferne. 

Trotzdem ist Akka mit 2015 Metern die zweithöchste Erhebung Schwedens, vom Fuß zum Gipfel gemessen sogar die höchste. Denn anders als der Kebnekaise, der von anderen Bergriesen umgeben ist, steht Akka relativ frei in einer verhältnismäßig flachen Landschaft.

Laut tost der Fluss Vuojatädno durch ein weites Tal.

Eine Hängebrücke führt auf die andere Seite...

...noch näher an Akka heran. Und das hier passiert, wenn man an einem Berg entlang läuft und dabei zuschaut, wie er ganz allmählich seine Gestalt wandelt.

Berge sind nämlich auch von unten spannend. Man muss nicht unbedingt hinaufklettern. Bernoscha kann es natürlich trotzdem nicht lassen, seinen eigenen, privaten Akka zu erklimmen.

Mir ist Akka entschieden eine Nummer zu groß. Klar wird es vereinzelt Leute geben, die da rauf gehen, doch einen etablierten Wanderweg wie beim Kebnekaise gibt es nicht. Also laufe ich einfach an Akkas Westseite vorbei und entferne mich dann wieder. Akka bleibt zwar zu sehen, doch zusätzlich rücken neue Berge in den Blick. Hier von links nach rechts ein Stückchen Akka, dann der Nijak und dann Gisuris:

Und hier nochmal Gisuris zusammen mit dem Fluss (und jetzt wird's kompliziert) Sjnjuvtjudisjåhkå. Die samischen Bezeichnungen klingen oft sehr fremd und sind für uns schwer zu merken, geschweige denn auszusprechen.

An dieser Stelle grenzen die drei wilden und noch ziemlich unberührten Nationalparks der nördlichen Fjällregion wie in einer Art Dreiländereck aneinander: Stora Sjöfallet, Sarek und Padjelanta. 

Der Padjelanta ist mit einer Fläche von 1984 qkm mehr als doppelt so groß wie Berlin und damit Schwedens größter Nationalpark. Doch auch die anderen beiden sind nicht gerade klein. Alle drei zusammengenommen ergeben sie eine Fläche von etwas über 5000 qkm. Den Padjelanta werde ich während der nächsten Tage durchqueren, wobei die Berge des Sareks, zu denen auch Gisuris und Nijak gehören, aus der Ferne gut zu erkennen sein werden. Eigentlich wollte ich durch den Sarek wandern. Das hab ich zwar schon zweimal gemacht, aber es wäre sicher auch beim dritten Mal wunderschön gewesen. Was dagegen sprach, ist die Tatsache, dass der Sarek wirklich sehr einsam und wild ist. Keine Wege, keine Brücken, keine Hütten. Bis man wieder auf Zivilisation und andere Menschen stößt, muss man sich etwa achtzig Kilometer weit komplett auf sich gestellt durchs Gelände hindurcharbeiten. Das erfordert speziellere Ausrüstung, die ich auf einer Langstreckenwanderung wie dieser nicht dabei habe. Schuhe zum Waten zum Beispiel, Spikes, detailliertere Karten und am besten auch maximal leichten und maximal hochkalorischen Proviant. Das habe ich mir vorher nicht so richtig überlegt. Es tut mir leid, dass ich unter Tourverlauf den Sarek angekündigt habe und ihn nun doch nicht durchquere. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Für diesmal allerdings rücken die zwei Sarekberge erstmal wieder in den Hintergrund, während Akka in der Ferne weiterhin sichtbar bleibt.

Auch von meinem Schlafplatz aus kann ich den Berg noch sehen, jetzt wieder ganz klein.

Und zur anderen Seite hin bestaune ich den Sonnenuntergang über der weiten Landschaft des Padjelanta Nationalparks.

Padjelanta ist übrigens Samisch und bedeutet "das hochgelegene Land". Es wird also in den nächsten Tagen noch einige Male schöne Aussicht geben.