Tag 127: Virihaure

Dass man einen Wanderweg gut auch mehrmals im Leben laufen kann, weil er sich je nach Jahreszeit und Wetter verändert, das hatte ich gestern schon gesagt. Heute morgen fällt mir im Vergleich zu gestern abend auf, dass auch die Tageszeit eine Menge ausmacht:

Nach einem Frühstück mit herrlicher Aussicht geht's runter ins Tal zum Fluss Miellädno. 

An einigen Stellen fließt er breit und gemächlich...

...an anderen wild tosend...

...auf den See Virihaure zu, der hinter der nächsten Hügelkuppe in Sicht gerät und sich als große tiefblaue Fläche zwischen die sommerlich grünen Berge schmiegt.

Die heutige Etappe steht ganz und gar im Zeichen dieses Sees, der für die nächsten knapp zwanzig Kilometer von so ziemlich jeder Stelle des Wanderweges aus wunderschön zu sehen ist.

Der Pfad schlängelt sich immer höher hinauf...

...und die Aussicht ist atemberaubend.

Ich kann mich an dem Zusammenspiel der unterschiedlichsten Grün- und Blautöne gar nicht sattsehen.

Man blickt teils über Weidengebüsch und Grasflächen, teils über felsig zerklüfteten Boden hinweg auf den Virihaure und die ihm vorgelagerten kleineren Seen.

Es ist eine Perspektive als könnte ich fliegen. Mein Tempo allerdings ist nicht ganz so flugverdächtig, denn vor lauter Fotografiererei komme ich mal wieder kaum voran.

Lustigerweise hat der südliche Teil des Sees, zumindest von oben betrachtet, eine andere Farbe als der nördliche.

Am Seeende angelangt führt der Weg bergab hinunter in die Samisiedlung Staloluokta. 

Es gibt im Padjelanta mehrere Samisiedlungen und Staloluokta ist eine der größten. Hier ist also verhältnismäßig gesehen viel los. Ein paar Häuschen gruppieren sich rund um die Bucht, es gibt eine Übernachtungshütte, einen Kiosk und sogar eine Kirchenkote. Die Menschen leben überwiegend von Rentierzucht und Fischfang und ein bisschen vom Tourismus.

Auf die Sami-Kirche bin ich neugierig. Also laufe ich den kleinen Hügel hinauf, um sie mir aus der Nähe und möglichst auch von innen anzuschauen. Ich habe Glück, die Tür ist offen.

Statt in Bankreihen sitzt man auf Rentierfellen und Birkenzweigen. In der Mitte ist eine Feuerstelle. Altar und Kanzel sind klein, doch ansonsten sieht es gar nicht so viel anders aus als in anderen Kirchen. Es riecht nur mehr nach frischer Luft, kein Wunder bei so viel Wiese und Himmel drumherum.

Ich verlasse Staloluokta und das Seeufer und wandere wieder tiefer ins Gebirge hinein. Schon bald ist beim Blick zurück vom Virihaure nichts mehr zu sehen.

Indirekt jedoch begleitet er mich trotzdem weiter, denn ich folge einem Flusslauf, der in ihn  einmündet. Nahe bei einem kleinen Wasserfall schlage ich schließlich mein Zelt auf.

Ein Tag ganz und gar geprägt vom Virihaure, denn sogar zum Einschlafen höre ich noch sein Wasser rauschen, und das obwohl ich mich schon wieder ein ganzes Stück von ihm entfernt habe.