Tag 136: panta rhei

Der Wetterbericht sagt Regen, die Realität sagt Morgensonne.

Kaum dass ich losgegangen bin, mach ich auch schon wieder Pause. Einen Moment mit blauem Himmel zu genießen, so viel Zeit muss sein. Wer weiß, wann der nächste kommt.

Im Laufe des Vormittags trübt es sich ein, doch nur mit sehr wenig Nieselregen, der kaum ausreicht, um wirklich nass zu werden. Die Welt liegt im Spiegel einiger klarer Waldseen ganz ruhig da. Kein Windhauch regt sich.

Nur ab und zu unterbricht der eine oder andere wild rauschende Fluss die Stille.

Eigentlich sogar ziemlich oft, denn heute liegt viel strömendes Wasser am und im Weg.

Dazwischen laufe ich an noch mehr Seen entlang... 

...in höheren Lagen geht es über den bunten Teppich...

...weiter unten tanzt ungeordneter Birkenwald um mich herum...

...und schließlich höre ich durch die Stämme hindurch das Tosen des nächsten Flusses...

...und des übernachsten und überübernächsten und so weiter.

Falls ihr so viele Flüsse langweilig findet, kann ich zur Abwechslung ein bisschen Himmel anbieten. Mal etwas grauer...

...mal etwas blauer.

Außerdem wäre da noch meine Mittagspause auf dem bunten Teppich...

...mit Bananenchips und Wasser aus dem ich weiß nicht wievielten Fluss.

Also doch schon wieder Fluss. Es geht einfach nicht ohne. 

Doch die gute Nachricht ist: Flüsse können gar nicht langweilig werden, denn es sieht ja jeder ein bisschen anders aus. Und nicht nur das: Sogar ein und derselben Fluss bleibt nicht ein und derselbe Fluss.

Betrachtet man ihn eine Weile, so erkennt man unzählige Variationen des Vorbeiströmens. 

Je länger man hinschaut, desto mehr Unterschiede kann man entdecken.

Andauernd nimmt das Wasser neue Formen an. Es ist unmöglich, denselben Fluss zweimal zu sehen, denn jeder Sekundenbruchteil ist ein Unikat.

Und das Beste daran ist, dass das auf ganz viele Dinge zutrifft, auf die Wolken am Himmel zum Beispiel, eine vom Wind zerzauste Wiese, einen Sonnenuntergang, eigentlich auf alles und und jede und jeden und die ganze Welt. Die philosophische Idee, die dahinter steckt, stammt von Heraklit. Er brachte seine Gedanken auf die prägnante Formel "panta rhei" - alles fließt. Man steigt nicht zweimal in denselben Fluss, weil nichts bleibt. Mit diesem Satz hat Heraklit ein Bild für ständigen Wandel und Veränderung geprägt, das seitdem vielfach aufgegriffen wurde und bis heute eingängig und aktuell ist. In Bezug auf Lappland würde ich zwar vom Hineinsteigen in die Flüsse auch im Sommer eher abraten, aber hingucken reicht ja.

Passend zum Tag seht ihr auch abends hinter meinem Zelt einen Fluss rauschen. Obwohl..? Kann man Flüsse rauschen sehen? Ihr könnt es ja mal versuchen. Vielleicht hört ihr was, wenn ihr die vielen Wasserbilder dieses Tages lange genug anschaut.