Tag 139: Postkartenwandern

Ich wache auf, weil es plötzlich ganz hell wird im Zelt, und als ich rausgucke, sehe ich das hier:

Die Morgensonne kommt warm und strahlend über den Hügel geklettert. Ich kann es kaum glauben. Endlich wird mein nasser Krempel ein bisschen trocknen. 

Beim Zusammenpacken traben dann auch noch Rentiere am Zelt vorbei...

...die nächste Herde folgt, kaum dass ich losgegangen bin...

...und ich merke gleich, das wird ein Tag wie aus dem Bilderbuch.

Viel mehr muss ich wahrscheinlich gar nicht schreiben, ihr seht es den Fotos ja an.

Die Landschaft wirkt wie ausgewechselt. Gestern abweisend und fast ein wenig bedrohlich, heute freundlich und einladend.

Endlich mal wieder ein Tag mit Aussicht und die vielen Höhenmeter, die ich gestern hier heraufgestapft bin, haben sich doch noch gelohnt.

Die Welt sieht aus wie eine unendliche Abfolge von Postkarten, eine schöner als die andere, und manchmal fast ein bisschen inszeniert.

Zwar ist der Himmel nicht wolkenlos blau, doch das macht ihn nur umso interessanter und fotogener.

Bis zum frühen Nachmittag scheint die Sonne so durchgängig warm, dass ich im T-Shirt laufe. Absurd, wo es heute Nacht entsetzlich kalt war und ich alles übereinander anziehen musste, was ich noch an trockenen Klamotten hatte. 

Gegen Abend überwiegen dann doch mehr die düsteren Töne, doch wird der Himmel deshalb noch lange nicht zu einer eintönigen Nebelsuppe wie gestern. Heute bleibt der weite Blick erhalten...

...und die Stimmung wird einfach nur ein bisschen wilder.

Wolkenfetzen in den unterschiedlichsten Grauschattierungen schachteln sich ineinander bis zum Horizont und erzeugen eine Perspektive in die Ferne fast wie gemalt.

Hier und da fällt ein Tröpfchen Regen, aber so dezent, dass es kaum zu merken ist und mir den Spaß an der herrlichen Umgebung nicht verderben kann. 

Meistens wandere ich jenseits der Baumgrenze, und nur ganz selten rutscht mal ein Stück Birkenwald dazwischen. Doch führt der Weg rasch wieder hinauf, so dass selbst große, von unzähligen Inseln zerklüftete Seen kompakt und handlich erscheinen, fast als habe irgendwer sie dort unten auf die Wiese gelegt.

Erst abends zur Schlafplatzsuche gelange ich endgültig tiefer und schlage schließlich zwischen windschiefen Birken am statt über einem See mein Zelt auf.

Morgen kommt ein Tag mit mehr Wald und See, und in meiner Phantasie entstehen beim Einschlafen schon die ersten, neuen Postkarten.