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Tag 175: Gegen den Wind

Schon als ich aufwache, rüttelt der Wind heftig am Zelt. Gestern Abend war das Fjäll ganz still. Heute rauscht und pfeift es brüllend laut in meinen Ohren.

Die Wolken sehen wild aus...

...die Luft ist schneidend kalt...

...und ich bin mehr als dankbar für die Handschuhe, die ich mir gestern gekauft habe.

Auf ähnlichen Wegen wie vor ein paar Tagen laufe ich noch einmal auf die Fjällstation am Sylarna zu.

Leider habe ich den Wind dabei kein einziges Mal im Rücken, sondern die ganze Zeit mitten im Gesicht.

In einer Welt ohne Bäume ist es schwer, Wind sichtbar zu machen. Vielleicht könnt ihr ihn durch das Wehen der Schlaufen meiner Wanderstöcke im Bild unten ein bisschen erahnen.

Auf jeden Fall ist das Vorankommen extrem anstrengend, vor allem dann, wenn es zusätzlich auch noch bergauf geht.

Manchmal stelle ich kurz den Rucksack ab und verschnaufe, doch für längere Pausen ist es einfach zu eisig. Umso dankbarer bin ich, dass ein paar Schutzhütten am Weg liegen, wo ich die Reste von Christophs selbst gemixtem Power-Müsli zu mir nehme, die wir am Ende unserer gemeinsamen Tour noch übrig hatten.

Der ideale Treibstoff für diese Etappe, mit dessen Hilfe ich trotz widriger Bedingungen gut vorankomme und bereits gegen Mittag am Sylarna-Massiv vorbeilaufe, das sich heute genau wie der Rest der Welt mit einem äußerst fotogenen Himmel schmückt.

Oben auf dem Pass liegt mir sozusagen zum Abschied noch einmal die gesamte Jämtlandstriangeln zu Füßen. In der Mitte Blåhammaren, links Sylarna und rechts Storulvån.

Ich lasse die Berge der letzten Woche hinter mir und das Helagsfjäll beginnt.

Jetzt bin ich endgültig auf dem Weg angelangt, den man als Südlicher Kungsleden bezeichnet, wobei manchmal auch die Jämtlandstriangeln dazu gezählt wird.

Der Südliche Kungsleden ist deutlich weniger bekannt und populär als der Nördliche, den ihr vor ein paar Wochen oben in Lappland kennengelernt habt. Wunderschön ist er trotzdem, und ich freue mich, dass er mich für die nächsten drei Wochen begleiten wird.

Auch auf dem Helagsfjäll bläst mir ein kräftiger Herbststurm entgegen und die Wolken nehmen interessante...

... bizarre...

...und manchmal fast bedrohliche Gestalt an.

Doch nicht nur beim Blick nach oben gerate ich immer wieder ins Staunen. Auch die leuchtende Farbenpracht am Boden ist einfach wunderschön.

Zwar sind die Brauntöne auf dem bunten Teppich während der letzten Wochen immer dominanter geworden... 

...doch auch Rot und Grün sind an manchen Stellen noch vertreten.

Mein Zelt baue ich in Sichtweite des Helags auf, mit 1797 Metern immerhin der höchste schwedische Berg südlich des Polarkreises.

Doch wähle ich meinen Standort heute gar nicht so sehr nach ästhetischen Gesichtspunkten, sondern vielmehr unter Windschutz-Aspekten aus, denn nachts soll es noch stürmischer werden als jetzt. Ob die kleinen Hügel am Flussufer das Gröbste abhalten konnten, erfahrt ihr morgen. Doch bin ich zuversichtlich, denn es grasen Rentiere in der Nähe und die wissen, wo man sich unter welchen Bedingungen im Fjäll am besten aufhalten sollte.