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Tag 178: Warum nass werden, wenn es auch anders geht

Nachts prasselt es ordentlich aufs Zelt, doch morgens sieht es gar nicht so schlimm aus wie ich erwartet hatte. Immerhin kann ich im Trockenen Zusammenpacken. Das ist schon viel wert.

Die Straße begrüßt mich zwar eher ungemütlich, aber nicht völlig hoffnungslos, denn in der Ferne sehe ich einen Hauch von Sonnenlicht unter den düsteren Regenwolken hindurchschimmern.

Außerdem beschließe ich, heute nicht nass zu werden, sondern stattdessen den Regen zu spüren. Das ist nämlich ein himmelweiter Unterschied. Nass werden sieht so aus:

Den Regen spüren so:

Da fällt die Wahl nicht allzu schwer. Nach wenigen Kilometern erreiche ich den mit einem großen Stein markierten höchsten Punkt von Schwedens höchstgelegener Straße. 975 Meter. Es ist windig hier oben und ich spüre sehr viel Regen.

Die gute Nachricht: Ab jetzt geht's bergab. Aus den weiten sumpfigen Flächen beidseits des Weges...

...ragen immer mehr Bäume auf...

...und schließlich bin ich zurück im Birkenwald.

Hier unten ist der Wind gleich viel wärmer und auch schwächer.

Ein wenig klart es auf und ich spüre keinen Regen mehr. Ich nutze die Gelegenheit, um eine Weile zu verschnaufen und zur Abwechslung mal aufs Wasser hinunterzugucken statt zu fühlen wie es von oben auf mich niederfällt.

Als ich weitergehe, scheint sogar für einen Augenblick die Sonne durch ein Wolkenloch. Immerhin lange genug, um ein Foto zu machen.

Zwar sieht die Landschaft heute sehr nach trübem Novembertag aus. Doch tatsächlich ist das Wetter gar nicht so schlecht wie ich befürchtet hatte. 

Falls ihr nun zu dem Schluss gelangt, dass ich dann wohl eine ganze Menge befürchtet haben muss: Stimmt! Und umso mehr freue ich mich über ein paar trockene Pausen am Straßenrand.

Für alle, denen jetzt wieder Kritik an meiner Ernährung auf der Zunge liegt: Ich esse hier kaum wirklich Schokolade, sondern im Wesentlichen Traube-Nuss. Und übrigens bin ich auch nach wie vor kaum wirklich nass, sondern spüre im Wesentlichen den Regen. Damit das klar ist!

Gesundes Essen verleiht Flügel und so rücken Funäsdalen und mein Hostel gegen Mittag unaufhaltsam näher.

Aber trotzdem: Es bleibt bei morgen. 20 Kilometer sind mit 20 Kilogramm auf dem Rücken eine ganze Menge und außerdem beeile ich mich lieber langsam als schnell. Schließlich will ich meinen Weg genießen.

Je tiefer ich komme, desto mehr Fichten mischen sich als tiefgrüne Kleckse unter die herbstlich gelben Birken. Und das sieht wunderschön aus! 

Hier einfach schnell vorbeizuwandern, wäre wirklich schade.

Stattdessen folge ich lieber einem schmalen Pfad neben der Straße und finde ein paar Kilometer später einen ebenso herbstlichen wie wunderschönen Zeltplatz.

Mein Rucksack samt Inhalt ist erstaunlich trocken geblieben und ich selbst habe ja sowieso nur Regen gespürt. Am Ende war der Tag gar nicht so blöt.