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Tag 186: Ich esse nur, was ich tragen kann

Zu Tagesanbruch gibt's erstmal noch keine absolut überzeugende Sonnenperformance. Da hatte der Mond heute Nacht echt mehr drauf.

Aber kann ja noch werden. Auf so einer Tour braucht man manchmal etwas Geduld. Und immerhin spüre ich keinen Regen, packe im Trockenen zusammen und gehe im Trockenen los. Nahezu perfektes Wetter also und absolut kein Grund, sich zu beschweren.

Der Supermarkt in Flötningen naht langsam, aber er naht. Wie gesagt: Geduld!

In diesem Fall könnte man fast von einer Geduldsprobe sprechen, denn die Strecke ist etwas eintönig. Endlose Schotterpisten...

...durch endlosen Kiefernwald.

An einem Rastplatz esse ich mein letztes, schon etwas eingematschtes Käsebrötchen aus Grövelsjön. 

Das war's mit meinem Lunchpaket. Doch mein Tank ist voll genug, als dass die noch verbleibenden acht Kilometer bis zum Supermarkt ohne weitere Energiezufuhr klappen sollten. 

Gegen Mittag gibt die Sonne ein bisschen Gas und fängt endlich an, die Pfützen von gestern wegzutrocknen. Und kurz vor Flötningen wird auch der Weg ein wenig abwechslungsreicher.

Immer noch Kiefern, aber jetzt auf verschlungenen Pfaden durch weißes Moos...

... dazwischen der eine oder andere im Sonnenlicht schimmernde Teich.

Und dann endlich Flötningen. Klingt vielleicht ein bisschen nach süddeutscher Klein- und/oder Universitätsstadt, ist aber immer noch Schweden und besteht auch eigentlich nur aus ein paar größtenteils zwischen Kiefern verborgenen Hütten am Ufer eines Sees.

Tatsächlich gibt es auf der Hauptstraße einen winzigen Supermarkt (mal wieder bloß wegen der Norweger). 

Weil dieser Bär mich so nett anlacht und weil die Sonne ansatzweise scheint, gönne ich mir ein Eis. Natürlich Zitrone, denn das fühlt sich am sommerlichsten an.

Der Laden ist zwar ein bisschen aus der Zeit gefallen oder vielleicht auch einfach nur vintage, aber ich finde alles, was ich brauche. Außerdem sind die Leute richtig nett! Ich darf mein Handy laden und bekomme sogar einen Becher Kaffee geschenkt. Da macht das Einpacken doch gleich viel mehr Spaß 😊

Die nächste Einkaufsmöglichkeit kommt erst morgen in einer Woche. Ich habe also Proviant für acht Tage zu verstauen und mein Rucksack wird nochmal ordentlich schwer. Bestimmt werde ich nach der Tour so manches an meinem Wanderleben vermissen. Die ewige Ich-esse-nur-was-ich-tragen-kann-Diät jedoch wird ganz sicher nicht dazu gehören. Dass darüber noch niemand einen Ratgeber geschrieben hat! "Tragen Sie alles, was Sie essen wollen, zunächst eine Weile durch die Gegend, je nach gewünschtem Effekt für 1-8 Tage und über 20-200 Kilometer hinweg. Garantierte Gewichtsabnahme schon nach kurzer Zeit, selbst bei übertriebenem Verzehr von Kuchen, Eis und Schokolade."

Hinter Flötningen geht der Kiefernwald, sofern er sich überhaupt in irgendeiner Form unterbrechen musste, nahtlos weiter. 

Doch wie ihr seht hat der Schotterweg bald ein Ende...

...und auf urigen Pfaden erreiche ich das Naturreservat Drevfjäll... 

...eine abgelegene waldig-sumpfige Wildnis, die ich während der nächsten Tage durchqueren werde - übrigens immer noch auf dem südlichen Kungsleden.

Da ich in Flötningen in Ruhe Kaffee getrunken und alles mögliche verzehrt habe, das ich nicht vorher tragen musste, ist es mittlerweile schon recht spät. Der blaue Abendhimmel leuchtet mit dem gelben Sumpfgras um die Wette...

...und obwohl es noch nicht mal 19 Uhr ist, wird es rasch immer dunkler. Der Herbst ist da!

Eigentlich müsste ich mich dringend nach einem Schlafplatz umsehen, kann es aber trotz der aufsteigenden nächtlichen Kühle nicht lassen, erst noch eine Weile das Abendlicht über dem Sumpf zu betrachten. Wann sieht man schon mal etwas so Schönes?!

Anschließend muss ich mit Taschenlampe aufbauen und mein kleines, rotes Häuschen im Laternen-Syle fotografieren.

Genau wie ganz am Anfang meiner Tour im März, als mein Zelt im Schnee stand und noch (fast) Winter war. Mein Weg führt also nicht nur quer durch Schweden, sondern auch quer durch alle Jahreszeiten.