Tag 193: Toppitstage

Schon morgens im Zelt wirft sich Bernoscha sein Toppitsjäckchen über. So laut wie es auf die Plane prasselt, ist kein Blick nach draußen nötig, um zu wissen, dass es in Strömen regnet. 

Bernoscha möchte ab sofort nicht mehr von Regen-, sondern nur noch von Toppitstagen sprechen. Er findet, dass das mehr das Trockenbleiben als das Nasswerden betont. Ich denke, da hat er recht. Heute ist also kein Regen-, sondern ein Toppitstag.

Der Görälv ist kaum wiederzuerkennen und der Morgenkaffee im Sonnenschein fällt leider aus.

Ich sehe zu, dass ich loskomme, denn schließlich wartet ja heute ein Campingplatz auf mich und bei dem Wetter will ich natürlich so schnell wie möglich unter die warme Dusche.

Doch erstmal gibt es unterwegs einige kalte Duschen, mehrere Schlammbäder...

...sehr viel Nachmittagsdämmerung (auch schon am Vormittag) und eine etwas spacige Brücke über den Görälv, die wie ein futuristischer Fremdkörper in der Landschaft hängt. 

Und dann kommt irgendwann der "Ort" Stöten. Anführungszeichen deshalb, weil Stöten eigentlich nur zur Wintersportsaison so richtig existiert. Ansonsten sind es nur ein paar verwaiste Häuser am Berghang unterhalb der Skipisten. Bei diesem Wetter doppelt schwer erkennbar.

Der Campingplatz liegt ein Stück außerhalb an der Straße. Doch auch die wirkt so verlassen, dass ich froh bin, gestern angerufen zu haben. Es muss den Campingplatz also geben und er muss hier irgendwo sein.

Ich finde ihn hinter dem nächsten Abzweig und bin zum zweiten Mal froh über das gesterige Telefonat. Ansonsten würde ich, im Glauben es sei geschlossen, nämlich gleich wieder abdrehen.

Irgendwie mehr Park- als Campingplatz. Aber macht nichts. Nur Zelten ist hier wirklich nicht drin. Es sei denn ich hätte Lust auszuprobieren, wie es sich anfühlt, in einer Pfütze zu schlafen. Hab ich aber nicht. Zum Glück kann ich stattdessen auch ein Zimmer bekommen, und das ist tatsächlich ganz gemütlich oder jedenfalls okay.

Zumindest gibt es reichlich Haken, die ich auch sofort alle in Beschlag nehme. Und mit Hilfe der Heizung werden die Folgen dieses Toppitstages ja vielleicht bis morgen von meiner Jacke weggetrocknet sein.

Statt von Toppitstagen könnte man auch von Nachmittagsdämmerungstagen sprechen. Das würde den Gemütlichkeitsaspekt besonders hervorheben. Denn wenn man erstmal im Trockenen sitzt und dann auch noch ein Sofa, WLAN, unbegrenzt Strom und ungesundes Essen zur Verfügung hat, können zeitlich ausgedehnte Nachmittage sehr nett sein. Nebenbei gesagt: Ich hätte auch gesundes Essen nicht abgelehnt. Nur leider gab es im sogenannten "Laden" nur genau drei Dinge: Chips, Cola und Gummibärchen. Damit wisst ihr dann auch, woraus meine morgige Tagesration bestehen wird.

Aber jetzt ist erstmal heute: mein Sofatag - noch so eine mögliche Bezeichnung. Zeit zum Netflix gucken, Musik hören oder Zeitung lesen. Alles Dinge, zu denen ich unterwegs selten Gelegenheit habe. Toppitstage oder Nachmittagsdämmerungstage oder Sofatage oder wie auch immer man sie nennen will, sind eigentlich gar nicht so schlimm. Nur die schönen Fotos bleiben natürlich ein bisschen auf der Strecke. Doch für morgen ist Besserung in Sicht. Denn da wandere ich wieder hoch in die Berge und Sonne ist angesagt ☀️